Montag, 28. Dezember 2009

Rom - Moderne, etwas ältere und ganz alte Architektur

Na gut, so ganz ließ es sich nicht vermeiden. Dafür verzichten wir heute weitgehend auf barocke Pracht und Verzierungen und wandern vom Mai 2010 zurück durch die Zeit.

Zaha Hadid - Ihr erinnert Euch? Die Überraschung war die Ausstellung ihrer Projekte in Padua. In der merkte ich, dass ich an einem Gebäude von ihr in Wien vorbeigangen bin, ohne es ihr zuordnen zu können.

In Rom hat Zaha Hadid den Auftrag erhalten, ein Museum für die Kunst des 21. Jahrhunderts zu bauen. Die Stadt hatte gerade Militärkasernen übereignet bekommen, nun mach was draus. Eigentlich sollte das Gebäude nur ein Drittel kosten, aber einige Regierungswechsel und eine damit verbundene Verzögerung um mehrere Jahre, ließen den Baupreis explodieren.

Der erste und leider nur äußere Eindruck aus der Ferne ist reichlich enttäuschend. Nach dem spektakulären Phaeno in Wolfsburg hatte ich mir mehr erhofft.
Das Gebäude schottet sich zur Umgebung hin ab. Von der Straße Via Reni aus sieht man, wie sich der Baukörper der alten Gebäude bemächtigt.

Die Streben hatte sie auch bei der Feuerwache bei Vitra und bei dem Haus in Wien eingesetzt. Die Museumsleute raufen sich wohl die Haare, weil der Innenraum kaum gerade Wände und Böden aufweist, um Exponate auszustellen. Nun ist das neue Jahrtausend ja noch nicht so alt, allzu viel wird da noch nicht gesammelt sein. Im Mai nächsten Jahres soll die Ausstellung eröffnet werden.

Richard Meier, ein amerikanischer Architekt, hat in Rom gleich zwei Bauwerke verwirklicht.
Der ara pacis augustae, der Altar des Friedens des Augustus, bekam 2006 eine neue Hülle, der man den Architekten von weitem ansieht. Man nehme ein bischen Glasfassade vom Kunstmuseum Barcelona und die restlichen Steine vom GettyCenter in Los Angeles und schon hat man einen Überbau. Das ist jetzt etwas sehr simpel und ich konnte den Tempel auch noch nicht von Innen sehen, dazu also später mehr. Auf jeden Fal ist es ein würdiger Bau, der dem Inhalt gerecht wird, ohne ihm die Show zu stehlen.Ich bin heute in die Vorstadt der Vorstadt gefahren (und dann mit dem Bus noch ein Stückchen weiter) um die Kirche Chiesa di Dio Padre Misericordioso zu sehen, die er in einer Trabantensiedlung als identitätsstiftendes Bauwerk errichtet hat. Die ist zwar schon als Meier-Bau zu erkennen (das weiße Quadratraster), trotzdem hat er hier nicht einfach in seinen Baukasten gegriffen. Die Kirche ist eigentlich durchsichtig

die drei Schalen sind selbst auch noch einmal durchbrochen und vergrößern so den Innenraum. Obwohl so viel Glas verwendet wurde, ist das Gebäude so konstruiert, dass kein direktes Sonnenlicht in die Kirche fällt.Nur am Nachmittag der Sommersonnenwende fällt Licht durch das kleine Fenster und wirft den Schatten des Kreuzes auf den Boden.

Die drei Wände sollen an drei Schiffssegel erinnern. Die Siedlung dahinter sieht aus wie unsaniertes Marzahn, nur nicht so grün. Die Informationen über die Kirche hatte ich übrigens von der Seite http://www.discover-rome.de/ . Den Auftrag für die Kirche bekam Meier 1996, geweiht wurde sie 2003.
Im Norden der Stadt sind drei riesige Käfer gelandet. Renzo Piano hat das Auditorium verwirklicht, drei Musiksäle unterschiedlicher Größe, die sich um eine Freiluftarena gruppieren.


Man hat den Eindruck, als könne man die einzelnen Dachsegmente bewegen, sie wie Flügel zur Seite klappen und open Air - Konzerte veranstalten. Der Eindruck trügt. Bei der Recherche bin ich auf einen FAZ-Artikel anläßlich der Eröffnung gestoßen, den ich Euch hier verlinkt habe:

http://www.faz.net/s/RubCC21B04EE95145B3AC877C874FB1B611/Doc~EE89A1C2ADA824CD38F79418FE15767E2~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Hier müsstet Ihr nur nach unten schauen und Ihr könntet die Grundmauern sehen, auf die man gestoßen ist.



Erst aus der Nähe sieht man die Verbindung der Dachflächen mit dem Mauerwerk.
Wenn man vom Auditorium eine Schnellstraße unterquert, steht man vor dieser Konstruktion aus Stahlbeton, dem Palazzetto dello Sport.
Die Architekten Pier Luigi Nervi und Annibale Vitellozzi bauten diesen "kleinen Sportpalast" anläßlich der Olympischen Spiele 1960 in Rom. In dieser Halle fand damals das Gewichtheben und Teile des Basketballturniers statt. Heute (auch als ich da war) trainiert und spielt hier M. Roma Volley, ein Verein der Ersten Volleyball-Liga.

Die Halle steht hier etwas verlassen mitten in einem Wohngebiet. Alle Eingänge waren verriegelt, so dass ich auf eine Innenaufnahme verzichten musste. Durch die Scheibe konnte man die Spieler beim Training sehen.

Der große Bruder, der Palazzo dello Sport steht in dem Viertel EUR, das steht für Espositione universale Romana. Für das Jahr 1942 hatten die Faschisten eine Weltausstellung geplant, die die Größe des Dritten Roms, La Terza Roma, zeigen sollte. Das dritte Rom deshalb, weil das erste Rom aus den heutigen Ruinen besteht, das klerikale Rom aus seinen Kirchen und das dritte nun aus diesen Gebäuden - Allmachtsfantasien der Nazis.
Zu diesem Anlaß wurde ein Stadtviertel geplant und teilweise realisiert, das ahnen läßt, was mit Berlin geschehen wäre, hätten die Nazionalsozialisten die Pläne von Germania umgesetzt. Italiens führende Architekten bauten gleichförmige Quader, die mit Tonnen von Marmor verkleidet wurden und (natürlich) stehen haushohe Säulen davor. Das ganze konzentriert sich im Wesentlichen an einer Straßenkreuzung zweier mächtiger Alleen.

Durch Kunst im Stadtbild, den Einzug von Museen und Ministerien und Ergänzungsbauten aus den 60er-80er Jahren versucht man das Viertel zu beleben. Das neueste Projekt ist ein futuristisches Kongresszentrum, das bereits im Bau ist.

Diesen Bau nennen die Römer (angeblich) colcosseo quadrato. Aber das ist wohl eher so, wie der Berliner Telespargel oder Schwangere Auster sagen soll. Es ist der Palazzo della Civiltà del Lavoro, das Haus der Arbeitskultur, könnte man übersetzen.

Dieses Bild vermittelt einen ganz guten Eindruck von der Gleichförmigkeit der Architektur. Am Ende der Straße, sieht man den alten Kongresspalast.
Im gleichen Zusammenhang entschied Mussolini, dass die Stadt einen würdigen Bahnhof braucht. Der Entwurf war gigantisch, das ausgeführte Bauwerk ist es auch. Ab 1938 wurde mit dem Bau begonnen, der dann im zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Die Halle hier ist dann erst von 48-51 gebaut worden. Sie ist 32m breit und 128 m lang.



Die Bauten des eigentlichen Bahnhofs sehen aus wie aus einem Gemälde von De Chirico. Der Bau ist einige hundert Meter lang (geschätzte 400), und im Jahre 2000 komplett saniert worden. Dabei ist ein unterirdisches Einkaufszentrum dazu gekommen, ein Kaufhaus eingezogen und ein schickes Lokal.
Die Ergänzungsbauten ziehen sich bis zur nächsten Straßenbahnstation hin.
Allerdings ist bei der Sanierung so geschlampt worden, dass es an allen Ecken und Enden von der Decke tropft. Sägespäne und Eimer sind überall an den Pfeilern zu finden.
Ein großer Zeitensprung und ein Gruß aus Ägypten. Nein, es ist die Grabpyramide eines Volkstribuns, der im Jahre 12 v. Chr. starb. Die Cestius Pyramide ist die einzige, die aus der Zeit, als Ägypten modern war, übrig geblieben ist. Sie ist immerhin über 30m hoch und heute Bestandteil der Aurelianischen Mauer.

Und wenn wir schon in so weit in die Zeit zurück gegangen sind, dann können wir wieder einen Schritt zurück, das heißt ,eigentlich vorwärts gehen und wir landen wieder bei Hadrian (der von der Engelsburg). Eben dieser ließ das am besten erhaltene Bauwerk seiner Zeit errichten: Das Pantheon.
Dieser wunderbare Bau entstand zwischen 119 und 128 als Tempel. Bereits im Jahre 608 war es eine christliche Kirche und ist es bis heute geblieben (Santa Maria ad Martyres). Der Bau ist genau so hoch wie der Radius seiner Grundfläche lang ist, d.h., wenn man sich die Seitenwände wegdenkt, könnte sich eine perfekte Halbkugel ergeben.

Die Öffnung in der Decke hat einen Durchmesser von 9m. Sie ist die einzige natürliche Lichtquelle der Kirche.

In der Kirche sind die Grabstellen des ersten italienischen Königs Vittorio Emanuele II., der Königin Margherita (nach der die Pizza benannt ist) und von Raphael, der hier auf eigenen Wunsch bestattet wurde.
Der Sakopharg ist erst im 19. Jh. als Geschenk des damaligen Papstes Gregor XVI. verwendet worden. Damals wurde das Grab geöffnet um zu sehen, ob der Leichnam vorhanden ist.

Der Baldachin im Petersdom ist übrigens aus den eingeschmolzenen Bronzeplatten gefertigt worden, die das Dach des Pantheons bedeckten. Papst Urban VIII. erteilte Bernini die Erlaubnis. Da Urban ein Barberini war, gab es schnell das geflügelte Wort: Was die Barbaren nicht schafften, schafft ein Barberini.
Morgen sehe ich mir seinen Palast einmal an und abends dann wieder: der Bericht aus Rom.
Gute Nacht ( 22.35 Uhr) Thomas

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Nanu? Was'n mit Uta los? Noch nix gepostet als Erste hier?
Architekten scheinen nicht die praktischten Menschen zu sein, wie ich deinem Bericht entnehmen kann. Ein Museum, in das man kein Bild vernünftig hängen kann, weil die Wände krumm und schief sind? Na das hat doch aber auch wieder was.
Irgendwie ist das Wetter hier doof. Ich hab keine Lust zu gar nichts, nicht mal zu den berühmten Ersatzhandlungen um die Dinge nicht tun zu müssen, die ich vor mir her schiebe. Aber wenigstens hatte ich heute wieder eine ordentliche Portion "Architektur-Kultur" dank deiner fleißigen Berichte.
Sei geknuddelt und gegrüßt von Petra

Uta hat gesagt…

Lieber Thomas und liebe Petra?
Ich bin heute etwas müde un fühle mich gestresst,so dass ich wenig Muse hatte . mich mit der modernen Architektur in Rom zu beschäftigen.Thomas, du bist wirklich ein fleißiger, unermüdlicher und toller"Reiseführer".5Tage meine pubertäre Enkeltochter zehren offensichtlich an meinen Nerven.
Ich muss jetzt noch "meinen" Geschichtshefter in Ordnung bringen.
Bis Morgen, da sieht es wieder besser aus. Liebe Grüße Uta