Sonntag, 14. Februar 2010

Palermo


Eine kleine Frühstücksmusik - ich habe an der falschen Stelle gespart.
Mein Hotel besteht aus einigen Zimmern in der 10. Etage eines nicht mehr ganz taufrischen Hochhauses mitten in der City. Obwohl, recht frisch ist es hier schon. Der spektakuläre Ausblick über die Stadt ist im Frühstücksraum gegeben, Innenregen auch. Pech, wenn es an zwei von drei Tagen in Palermo regnet.
Alle, die hier auf Sizilien davon gehört haben, dass ich nach Palermo kommen werde, schwärmten von der Stadt in den höchsten Tönen: welche Schönheit! Nun ja. die Schönheit liegt wohl im Auge des Betrachters. Heute war es schon etwas besser und morgen habe ich auch noch einen ganzen Tag, um den ersten Eindruck zu revidieren. Ich werde mal versuchen, das Ganze zu klären, auch für mich selbst:
Die Stadt ist groß, die Stadt ist alt, zumindest an einigen Stellen. Der Stadtplan listet 400 (!) sehenswerte Punkte in der Stadt auf, dabei sind aber auch Restaurants und Hotels. Man hat die Sehenswürdigkeiten nach Zeitaltern und "Besatzern" sortiert. Zeugnisse der Zeit der arabischen und normannischen Herrscher sind in der Stadt noch zu finden.
Der beherrschende Bau ist nicht die Kathedrale, sondern das Teatro Massimo. Es ist das drittgrößte Opernhaus Europas. Daneben leistet sich die Stadt noch ein weiteres Theater in ordentlicher Größe und einige kleinere Spielstätten.
Bereits eine Straße hinter dem Opernhaus ist die Gegend völlig heruntergekommen. Auf dem Weg zur Kathedrale komme ich durch ein altes Viertel, in dem Einwanderer und Arme wohnen. Ich habe auf der Insel noch keine Stelle gesehen, die so sehr nach einem Slum aussieht. Eine Ecke weiter sind ganze Straßenzüge für den langweiligen Neubau einer Polizeiwache abgerissen worden. Es ist so ein gesichtsloser Kasten, wie wir sie in Berlin ja auch zur Genüge haben.
Die gewaltige Kathedrale ist ein Bau, der von außen interessanter aussieht als von innen. Gebaut im 12. Jahrhundert und immer wieder verändert, ergibt außen eine spannende Mischung verschiedener Baustile. Der Innenraum ist komplett klassizistisch neu gestaltet worden sieht wie die Nikolaikirche in Potsdam aus. Die Kirche ist die Grabstelle von Friedrich II.. Das Gebäude links ist das Diozösanmuseum.

Palermo ist Sitz der sizilianischen Regionalregierung.
Diese nutzt den alten Normannenpalast als Sitz.

Der Kreuzungspunkt der beiden wichtigsten Straßen der Stadt ist der Platz Quattro Canti hat durch vier fast gleiche barocke Palazzi eine besondere Fassung erhalten. Die Fassaden sind mit den vier Jahrszeiten, den Schutzheiligen der Stadtviertel und den spanischen Königen von Palermo geschmückt. Gestern tobte hier vormittags noch der Verkehr, heute sind die wichtigsten Straßen Fußgängerzonen. Ob das am Carnevale liegt oder jedes Wochenende so ist, weiß ich nicht.

Gleich daneben gibt es einen der schönsten Plätze der Stadt. Der Brunnen Fontana Pretoria brauchte einen entsprechenden Rahmen. Natürlich verfügt Palermo über eine fast unüberschaubare Anzahl von Kirchenbauten aus allen Stilepochen.
Die meisten sind nur zu bestimmten Zeiten geöffnet und hier ist es zum ersten Mal so, dass in den besonderen Kirchen Eintritt zu zahlen ist. Die Normannen, die die Stadt von den Arabern eroberten, haben Kirchen errichtet, denen die arabische Zeit noch anzusehen ist. Es gibt zwei Kirchen mit solchen leuchtend roten Kuppeln; San Giovanni degli Eremiti und die
Chiesa di San Cataldo, die ich auch besichtigt habe, wie Ihr sehen könnt:
Man bekommt einen kleinen Pilgerpass ausgehändigt, wenn man die Kirche besucht und kann drei andere Kirchen auf einem innerstädtischen Pilgerweg besuchen.
Ich habe mich natürlich wieder bei Wikipedia schlau gemacht. Da las ich bereits gestern etwas zur neueren Geschichte der Stadt, was einiges erklärt. Die Stadt wurde im zweiten Weltkrieg stark zerstört und nach dem Krieg wurde billiger Wohnraum im Umland geschaffen, während die Innenstadt verfiel.
Natürlich gibt es in der Stadt noch jede Menge prachtvolle Paläste, wie diesen hier.
Allerdings habe ich noch keine so dreckige Innenstadt in Italien gesehen wie hier. Nicht nur der Müll, es ist auch das erste Mal, dass ich wegen der Hinterlassenschaften der Hunde auf den Weg achten musste. Das kenne ich so nur aus Berlin.
Heute war, wie gesagt, die Innenstadt weitgehend verkehrsfrei. In der Via Maqueda hatte ein kleiner Markt einer Initiative zur Vermarktung regionaler Produkte aufgebaut. Es gab Honig, Käse, Gemüse und ich konnte meinen Orangenvorrat auffüllen, ganz wie Seume. In der Stadt wurde gejoggt, Fahrrad gefahren und flaniert. Aber hier sieht man auch, dass ganze Viertel dem Verfall preisgegeben werden. Laut Wiki war die Stadt seit dem Krieg fest in der Hand der Mafia. (War ja klar, dass man auf Sizilien nicht an dem Thema vorbeikommt.) Erst Leoluca Orlando, der von 1985 bis 2000 Bürgermeister war, sagte der Mafia aktiv den Kampf an. Die Altstadtsanierung wurde begonnen (und für die kurze Zeit und die Tatsache, dass die Stadt immer noch die ärmste Region regiert, sind die Erfolge recht beachtlich) und die Stadt ist nicht mehr unter den 15 gefährlichsten Städten Italiens. Vorher geschah hier jeden dritten Tag ein Mord mit Mafia-Hintergrund.

Der Palazzo Chiaramonte ist ein schönes Beispiel für einen mittelalterlichen Palazzo, das Erdgeschoss ist wie eine Festung gebaut. Er war Wohnsitz der spanischen Vizekönige.
Heute regnete es wieder, also werden Museen besucht. Das große Archäologiemuseum ist wegen Umstrukturierung geschlossen. Gestern habe ich mir das Diozösanmuseum angesehen. Das war keine wahre Freude: Ich war der einzige Besucher und wurde von einer Aufpasserin von Raum zu Raum begleitet. Ihr war deutlich anzumerken, dass sie lieber wieder mit den anderen Damen im Kassenbereich quatschen würde. Ich habe dann in einem Raum kehrt gemacht und mir den vorherigen Raum noch einmal angesehen; ich dachte, sie schlägt nach hinten über. Übrigens entfaltet sich in den meisten Museen erst hektische Betriebsamkeit, wenn ich komme. Ich bin häufig der einzige Besucher.

Heute also die Galleria del' Arte Moderne und der Palazzo Riso, der Sonderausstellungen zeitgenössischer Kunst zeigt. Die Galleria ist im ehemaligen Konvent von Santa Anna untergebracht, einem wunderbaren Gebäude. Die ausgestellten Werke der sizilianischen Künstler waren toll. Keiner der Künstler war mir bekannt,außer natürlich Renato Guttuso, der hier geboren wurde.
Noch zwei Fotos zum Thema Mafia. In der letzten Zeit scheint die Polizei ja einige Erfolge im Kampf gegen die Mafia verzeichnen zu können. Ich habe in den Nachrichten mehrfach von Verhaftungen gehört. Auf dem Weg nach Palermo fuhr der Bus an einem Denkmal für Giovanni Falcone vorbei, der Anwalt, der hier in der Nähe von Palermo von der Mafia ermordet wurde. Am Hafen steht dieses Denkmal für die Opfer im Kampf gegen die Mafia. Nicht besonders schön, kein schöner Platz, aber ein unübersehbares Zeichen.
Gestern musste es mal wieder das Restaurant mit dem goldenen Buchstaben sein. Es gibt ein Lokal im Zentrum am Theater Politeama. Auf dem Weg von dort in mein Hotel kam ich an einem kleinen Laden vorbei. Hier gibt es Produkte von Herstellern, die sich im Kampf gegen die Mafia organisieren. Für eine Erde, von der Mafia befreit, heißt der unterste Slogan sinngemäß. Ein guter, noch dazu biologisch angebauter Rotwein zu einem sehr moderaten Preis, da ist man doch gern mit dabei.
Noch eins: Vielleicht ist Euch auf anderen Fotos schon aufgefallen, dass es den Palmen hier nicht gut geht. Es betrifft nicht alle, aber hier im Westen und Norden sind mir verhältnismäßig viele Palmen aufgefallen, die krank sind oder abgestorben sind. Das ist jedenfalls nicht der routinemäßige Frühlingsschnitt.

Meine heutige Frage (obwohl die letzte auch keiner beantwortet hat): Was erhält man, wenn man das Foto halbiert?
Heute in vier Monaten feiere ich meinen Geburtstag, nicht am 14., sondern am 13. Juni. Nur damit es nachher nicht heißt, Ihr habt davon nichts gewußt! Noch ist es Zeit alles andere abzusagen. Alles weitere dann persönlich.
Die Wanderung bis Rom ist jetzt geplant, am 4. März werde ich wieder in der Hauptstadt sein und mich dann auf dem Frankenweg; der via Francegiana, in Richtung Toskana auf den Weg machen. Ich melde mich in den nächsten Tagen vom Vesuv.
Thomas
Übrigens hat die Fähre, mit der ich morgen nach Napoli übersetze, vom ADAC im Test ein "Mangelhaft" bekommen. Ich gehe morgen eine Schwimmweste kaufen.

5 Kommentare:

Uta hat gesagt…

Hallo Thomas, Palermo ist auf alle Fälle nicht dein Favorit auf deiner langen Wanderung, nun war das Wetter auch nicht besonders.
Nur auf wenigen Bildern kann man einen blauen Himmel erkennen.Interessant und eigentlich mal etwas anders die normannischen Bauten.
Ich war das Wochenende auch auf "großer" Reise mit einigen kleinen Wanderungen bei strahlenden
Sonnenschein im tiefsten Schnee- in Oberhof. Solche Berge von Schnee habe ich in den letzten 40 Jahren noch nie in Thüringen erlebt, unglaublich! Ich habe spontan eine Mitfahrgelegenheit bei meinem Sohn genutzt,der am Rennsteiglauf recht erfolgreich teilgenommen hat.
Nun hast du also Sizilien erst einmal "abgeharkt".Schade, dass dich die Insel nicht gebührend verabschiedet, nun hoffe ich nur,dass sie dich wenigstens heil entlässt.
Große Trauer bei mir,hätte ich vorauschauend besser aufpassen müssen,leider komme ich erst am 17.
Juni von einer größeren Reise zurück, vergangene Woche gebucht!Mist!Mist! Mist!Da musst du eine noch "größere" Nachfeier starten.
Voller Trauer,aber für eine reibungslose Überfahrt "betend"
liebe Grüße Uta

Uta hat gesagt…

man erhält ein halbes Foto!Oder es erinnert an ein Bild von Csapar David Friedrich.
Lieber Thomas, hast du die Schwimmweste gebraucht? Ich hoffe nicht und du hast wieder festen Boden unter den Füßen und kannst fröhlich weiter laufen.
Liebe Grüße Uta

Unknown hat gesagt…

Hallo Thomas, es ist an der Zeit, dass ich mich einschalte, schon nur um sicher zu stellen, dass du zu uns zurück kommst. Ich habe schon des öfteren über deine tollen Reiseberichte gestaunt und mich über deine genialen Kommentare zu den wunderschönen Bildern amüsiert. "... dass es meine eigenen Fußspuren waren!..."
Ich weiß auch gar nicht, ob ich mich korrekt angemeldet habe?! Du weißt ja, diese Technik ... Um so erstaunlicher finde ich, dass Uta dich so konsequent begleitet. Aber wahrscheinlich hat ihr Sohn für sie das Konto eröffnet.
Ich schließe mich an und sage, man erhält eine halbes oder besser: zwei halbe Fotos.
Ich habe den 14.Juni im Jahresplan der Schule vorgemerkt. Aber vielleicht gildet die Einladung ja nicht für Lehrer, welche ein halbes Jahr nicht bei dir waren.
So, mein Bier ist alle, ich leg mich hin und bin sehr froh darüber, mit dir gesprochen zu haben.

Sicher bis bald!

Roman

Unknown hat gesagt…

Tut mir leid, ich hatte auch so ein aufregendes WE, dass ich's noch nicht geschafft habe, zu lesen.
Dein vorletztes Rätsel kann doch nur eine Wendeltreppe von unten gesehen sein, wahrscheinlich in einem der Türme, die manche Burgen da so haben. Das letzte Rätsel krieg ich gar nicht raus. Fällt mir nix zu ein, außer dass du dann halt zwei halbe Bilder hast. Bin heute nicht sehr kreativ. Vielleicht kannst du noch einen Tipp geben??!
Boah, aus dem Marzipan-Laden hättest du mich wahrscheinlich auch direkt ins Hospital fahren können, zum Magenauspumpen. Ich liiiiiiebe es so sehr, wenn es saftig ist und eben nicht so übertrieben süß. Hab gerade erst in der Osterabteilung bei Aldi die Beherrschung verloren und fünf große mit Pflaume in Madeira gefüllte Marzipan-Eier auf Vorrat gekauft. Der Vorrat hält dann aber auch nur genau fünf Tage.
Das mit dem Regen ist ja nicht so schön. Gut, dass du im Nebel nicht abhanden gekommen bist und ich hoffe natürlich sehr, dass du die Schwimmweste bei der Überfahrt nicht brauchtest!!!
Also ich kann mir das mit dem 13.6. gerne mal notieren. Ist ja ein Sonntag und wo soll ich da schon sein. Wandern "muss" ich nicht mehr und einen Swimmingpool hab ich nicht ;-)
Herzliebste Grüße von Petra
PS: Schade, dass man die Frühstücksmusik nicht mehr hören kann!
PPS: Als ich das am 15.2. um 17.45 Uhr absenden wollte, war Kabel Deutschland ausgestiegen. Ich hatte weder Telefon noch Internet. Nicht, dass du denkst, ich werde jetzt komplett untreu. Die Technik, die liebe Technik war’s!

Uta hat gesagt…

Lieber Thomas, entschuldige, aber Roman, dieses Greenhorn, das einzige, was mich bei meiner Anmeldung verunsichert hat, waren die merkwürdigen Buchstabenverbindungen,Frechheit von diesen jungen "Schnösel".Wer hilft denn hier den jungen Vätern und Müttern, wenn nicht die Großmütter!!!Ohne sie kämt ihr gar nicht mehr aus dem "Schlamassel".
Hoffentlich schaut Roman nicht erst in einem halben Jahr wieder in den Blog.
So, das musste sein!
Dir . mein Lieber,weiterhin Sonnenschein bevor du wieder "verheizt" wirst.
Gute Nacht und Guten Morgen Uta