Sonntag, 13. Dezember 2009

Assisi, ergänzt


Zum dritten Advent gibt es einen Gruß aus der wunderbaren Stadt des Heiligen Franziskus. Die Altstadt besteht nicht nur aus Geschäften, Hotels und Restaurants und wird dominiert von einer Handvoll mächtiger Kirchen. Über allem wacht die Rocca maggiore, ein Kastell, das auf das frühe 12.Jh. zurückgeht. Heute also wieder Geschichte. Ich habe nachmittags/abends noch einiges zur römischen Geschichte ergänzt, Ihr findet es kursiv am Ende des heutigen Beitrags.
Die Zugfahrt (ja, zugegeben) hierher war ein Erlebnis für sich. Ich glaube nicht, dass San Severino und Assisi mehr als 60km Luftlinie entfernt sind, die kürzeste Autoverbindung wird mit 85km angegeben. Ich bin um halb 10 in den ersten Zug gestiegen und um 14 Uhr aus dem dritten in Assisi wieder ausgestiegen. Fahrzeit 100 min, zwei Stunden Aufenthalt. Der Bahnhof liegt 3km von der Altstadt entfernt in der Ebene und dadurch hat man gleich einen umwerfenden Blick auf die Stadt und ihre Kirchen. Der alles dominierende Bau ist natürlich die Kirche San Francesco, ganz links im oberen Bild.

Am westlichsten Ende des Berges wurde eine romanische Kirche errichtet, die als Grabeskirche dient. Die Kirche ist komplett mit sehr gut erhaltenden Fresken ausgekleidet. In der Krypta der Kirche befindet sich das Grab. Diese Grabkapelle ist einer der beeindruckendsten Orte, die ich bisher besucht habe. Im Innern der Kapelle steht ein breiter, aus Stein gemauerter Pfeiler, der ein flaches Gewölbe aus grob behauenen Steinen trägt. In den Pfeiler ist eine etwa türgroße Öffnung eingelassen und in der Nische dahinter liegt der Sarg, einfach aus Stein mit einem Eisendeckel. Der Kontrast zu den anderen Heiligengräbern könnte kaum größer sein. Wenigstens das Grab selbst entspricht seinen Vorstellungen und seinem Leben, was sich von dem prachtvollen Bau, der sich als obere Kirche über der Grabeskirche erhebt, kaum sagen kann.
Beide Kirchen haben den gleichen kreuzförmigen Grundriß und sind beeindruckend schnell gebaut worden. Mit der Grabeskirche hat man 1228 begonnen und war 2 Jahre später fertig, die obere Basilika entstand in 7 jähriger Bauzeit ab 1232 schon im gotischen Stil.
Vor der Kirche ist auf der Rasenfläche eine Krippe mit lebensgroßen Figuren aufgebaut worden., vor der unteren Kirche steht der Weihnachtsbaum.
Verwirrt? Dann schaut auf die Seite der Kirche: http://www.sanfrancescoassisi.org/ mal nach, gibt es zwar nur auf italienisch, aber dafür gibt es Bilder vom Inneren der Kirchen.
Das Kastell existiert sogar noch etwas länger, Erzbischof Christian von Mainz hatte die Stadt Assisi im Auftrag Kaiser Friedrich II. (Barbarossa) besetzt und erteilte den Auftrag zum Bau der Verteidigungsanlage. 1174 wurde mit dem Bau begonnen. Gut 50 Jahre später, unter einem neuen, verhassten Herrn, nutzte die Bevölkerung dessen Abwesenheit und ebnete die Burg ein. Wie das so ist: der Papst versprach keine Burg mehr zu errichten, kaum 150 Jahre später gab es die nächste. Der Punkt ist einfach strategisch perfekt, man kann in allen Richtungen die Täler kontrollieren.
Das heutige Aussehen erhielt sie im 15. Jh., als Jacopo Pichinino den westlichen Turm bauen ließ. Ihn erreicht man durch einen mehr als 100m langen Gang, der zumindest stellenweise aufrechtes Gehen möglich macht.
Außer Franz von Assisi haben die Heilige Clara (Santa Chiara), hier im Bild und San Rufino, ein Weggefährte des Heiligen Franziskus, ihre ihnen geweihte Gotteshäuser erhalten. Ich war gestern Abend in der Kapelle der Heiligen Clara, eine neu gestaltete Grabkapelle, was vielleicht mit dem Erdbeben von 1997 zusammenhängt.
Zu dem nächsten Bild gibt es gar keine Geschichte, aber Hunde und Katzen gehen doch immer, oder?
Im Zentrum der Altstadt, auf der Piazza del Comune, gibt es die Kirche Santa Maria sopra Minerva. Also Santa Maria über Minerva. Die Kirche wurde auf dem römischen Tempel der Minerva errichtet und dabei wurde die Fassade gleich verwendet.
Diese Säulen tragen also seit 2500 Jahren das Portal.
Ich setze jetzt meine Kulturrunde fort, es gilt ein Museum für römische Geschichte, das beeindruckend gestaltet ist, und die Pinakothek zu besichtigen. In der Pinakothek gab es einige sehr schöne Fresken zu sehen, die aus den Kirchen Assisis oder der Umgebung stammen. Der Clou aber (und deshalb die sofortige Ergänzung) war das Museo Forum Romanum. Untergebracht in einem unscheinbaren Haus in der Nähe der Piazza del Comune enthält es nicht nur zahlreiche Fundstücke, sondern man steigt im wahrsten Wortsinn in die Geschichte ein. Das Forum Romanum liegt heute unter der Stadt. Sein Mittelpunkt war der Tempel der Minerva. Wie man im Modell erkennen kann, lag die Fläche des Forums um einiges unter der Tempelanlage. Die Vorhalle des Tempels bildet jetzt das Straßenniveau.
So geht man also plötzlich unter Assisi auf einer römischen Straße spazieren. Links vom Laufsteg kann man die Abflussrinne entlang des Weges erkennen (oder auch nicht).Dieser Sockel trug die Sitze für das Tribunal, das vor dem Tempel abgehalten wurde. In den Löchern waren die Stühle verankert (die kleine Sitzbank im Modell).
Dieser Sockel des Gewölbes ist im Modell das überdachte Podest, das auf dem Platz in der Mitte steht. Auf der Tafel links kann man lesen, dass dieser Sockel Castor und Pollux trug, den Bürgern Assisis geschenkt von...
Morgen geht es weiter, Weihnachten will ich in Rom sein. Euch noch einen schönen 3. Advent und weil der Baum hier so schön war, noch einmal aus anderer Perspektive.
Bis die Tage! Thomas

4 Kommentare:

Uta hat gesagt…

Lieber Thomas,das hast du wieder wunderbar zusammengestellt.Der Baum ist einzigartig und alles andere auch, du bist wirklich ein "Perle".Ich hoffe, du genießt das auch und denkst nicht nur an dein Ziel und deine Leser.Die Wucht der Eindrücke muss auch für dich enorm sein. Ich habe heute einige Passagen meiner Schwester gezeigt, die das auch toll findet, aber dabei ist mir aufgefallen, dass ich mich an einige Bilder gar ncht mehr erinnern kann, obwohl ich vieles mehrmals gelesen und angeschaut habe.Wiemuss es dann erst dir ergehen? Oder liegt das an meiner "Verkalkung"?
Ich wünsche dir noch einen erholsamen freien Wandertag und besinnlichen 3. Advent.
Liebe Grüße Uta

wimwanderer hat gesagt…

Hallo Thommi,
das wunderbare, beeindruckende Assisi hättest Du bei Fortsetzung Deiner ursprünglich geplanten Küstenwanderung verpasst!
Die Änderung hat sich also auch für uns, die Leser, gelohnt.
Danke für die Bilder und die wieder interessante Geschichtslektion über die Macht und den Reichtum der damaligen Kirche.
Guten Weg und liebe Adventsgrüße
Pa

Unknown hat gesagt…

Hallo Großer, das liest und schaut sich wieder wunderbar. Ich bin stolz auf dich und froh, dass das Ende deiner Wanderung schließlich doch nur ein Computerfehler war!
Auch wenn ich nicht so viel schreibe wie unsere liebe Uta, bin ich lesenderweis' doch immer bei dir und lasse mich geschichtlich bilden und von den Bildern berauschen.
Und ja - Katzen und Hunde gehen immer.
Alles Liebe,
Petra

Unknown hat gesagt…

... geschaut, gestaunt, gedankt ...

Am Ende eines Tages habe ich dann noch einmal erwartungsvoll gen Italien gesehen und wurde belohnt!
- zum einen mit der interessanten Schilderung der Historie - ist doch noch etwas anders eine Livereportage zu lesen, als in Geschichtsbüchern zu "wühlen"!
- zum anderen mit dem Hintergrundwissen für den Namen einer Person, über den man jetzt parlieren kann!
Imi