Um 9 Uhr war heute der Jeep bei mir und dann haben wir noch zwei Paare an Bord genommen. Wir fuhren in den Nordosten des Etna Nationalparkes und hatten einen tollen Tag mit einem leicht bitteren Beigeschmack. Auch wenn es auf dem Bild oben nicht so richtig zu erkennen ist, der Etna raucht immer. Paolo, unten rechts im Bild, verglich es mit einem Schnellkochtopf und der Papstwahl. Solange aus dem Ventil des Topfes Dampf aufsteigt, ist alles in Ordnung. Wenn der Rauch bei der Papstwahl weiß ist, ist es ein gutes Zeichen.
Paolo ist eigentlich Ornithologe und arbeitet als Nationalparkführer für die Organisation Etna Experience, die auch eine deutschsprachige Homepage hat: http://www.etnaexperience.com/ .
Unser erster Stopp war auf einer Lavazunge, die langsam von der Natur zurückerobert wird. Das erste heutige Bild zeigt die Flechten, die zu den Pionierpflanzen gehören.
Dieses Lavafeld ist schon einige Jahrzehnte alt, genau genommen ist es von 1865, wenn ich mir die Zahl richtig gemerkt habe.(Wahrscheinlich eher 1986) Als nächstes stiegen wir, ausgerüstet mit Helmen und Lampen in eine Höhle hinab, die durch die Lava gebildet wurde. Die äußere Hülle des Lavastromes kühlte sich ab, das Innere floss weiter und die Hülle bleibt übrig. Diese kleine Höhle wurde als Schatzhöhle genutzt und später als Eiskeller. Im Winter wurde der Schnee in die Höhle geschaufelt und festgetreten, so dass Eis entstand. Dieses Eis wurde im Sommer geschnitten und
in Catania auf dem Fischmarkt verwendet. Diese kleine Höhle ist durch ein Gemälde berühmt geworden, das heute in der Eremitage in St. Petersburg hängt. Jean Houel heißt der Franzose, der auf Sizilien, Malta und den Liparischen Inseln so einiges gemalt hat. Auf dem Bild werden gerade die Eisblöcke aus der Höhle getragen, genau auf dieser Treppe. Ich habe mir jedenfalls mordsmäßig den Kopf gestoßen und war heilfroh, dass wir Helme aufhatten. Die Decke besteht zum großen Teil aus diesen "Hundezähnen", Stellen an denen die noch flüssige Lava heruntertropfte und dabei scharfkantige Spitzen bildete.
Scharfkantig und rau, nichts passiert, Helm sei Dank!
Ausstieg aus der Höhle.
Hier nun die ganze Gruppe beisammen: Melanie aus Bayern, Lynn und Lee aus Brisbane, Australien; Paolo, der gerade erklärt, und Marco, der Freund von Melanie. MM und LL, interessante Kombination.
Diese Lavabomben, die bei der Eruption herausgeschleudert werden, sind für die Neubesiedelung mit Fauna von entscheidender Bedeutung. Auf diesen Kugeln setzen sich Vögel zur Rast nieder. Bevor sie weiterfliegen, erleichtern sie sich noch einmal. Im Vogeldung sind auch Samen von Bäumen enthalten, die dann in den Nischen dieses porösen Materials ihre Kinderstube finden.
Und tatsächlich sind um jeden Baum, der hier gewachsen ist, die Überreste einer solchen Lavakugel zu finden.
Ich hatte ja überhaupt keine Vorstellung von den Ausdehnungen des Nationalparks und von der Entstehung und Lebensdauer eines Vulkans. Ich hatte die klassische Idee: hoher Berg, Spitze weg und ein Loch reingebohrt. Nun weiß ich, dass ein Vulkan aus einem Krater nur einmal ausbricht, dann bildet sich ein neuer. Wir sind entlang der sechs oder sieben Mont- Sartorius- Krater gewandert, je jünger, je flacher der Krater.
Wenn so ein Krater die Aktivitäten einstellt, erkaltet die Lava im Inneren des Kraters und bildet einen Korken, den der Vulkan bei erneuter Aktivität nicht herausdrückt. Die Lava sucht sich einen neuen Weg, ein neuer Krater entsteht.
Dieser Krater ist nicht kreisrund, wie die meisten sondern an einer (dieser) Seite flacher. Hier trat ein Lavastrom aus, den Ihr links im Bild sehen könnt.
Als wir nach zwei Stunden zum Auto zurückkommen, ist die Hecktür nicht mehr verschlossen. Es fehlen die Helme und die Lampen. Ich hatte vorher ernsthaft darüber nachgedacht, meinen Rucksack im Auto zu lassen. Wer ist außer uns schon hier unterwegs? Meine Wanderung wäre dann heute zu Ende gewesen. Das ist der bittere Beigeschmack des heutigen Tages. Paolo ist entsetzt, bisher ist noch nie etwas gestohlen worden.
Hier ein Loch von 35 Metern Tiefe, aus dem noch lange nach der Eruption giftige Gase aufstiegen. Übrigens ist Odysseus tatsächlich hier in Catania an Land gegangen und hat den Vulkan in einer aktiven Phase erlebt und einen Stein in den Krater geworfen, was zu einem Ausbruch führte. Zurück in Ithaka erzählte er seinen Freunden davon, die sich das nicht vorstellen konnten. Er beschrieb den Berg als einen riesigen (der er ja ist), mit einem glühenden Krater (wie ein Auge), der Steine spuckt (wirft) und daraus entstandt die Legende von Polyphemus, dem Zyklopen.
Die Ureinwohner Hawaiis unterscheiden zwei Typen von Lava: Die AA-Lava (links) und die Pahoehoe-Lava, (gesprochen Pa-Oi-oi) rechts im Bild. Der lautmalerische Unterschied erklärt sich aus dem Versuch, barfuß auf der (erkalteten) Lava zu laufen. Kühlt die Lava schnell ab, schließt sie Gasblasen mit ein, wird scharkantig und porös. Kühlt sie dagegen langsam ab, haben die Gase Zeit zu entweichen, die Oberfläche wird glatt.
Zumindest die Hesaluxe (Hörnchenfreunde) werden jetzt aufstöhnen: eine weitere Fotoleidenschaft von mir sind tote Bäume.
Das war bis zum Jahre 2002 ein Hotel. Der Lavastrom nahm auf der Nordostseite so ziemlich jede touristische Einrichtung mit. Der Skilift wurde praktischerweise gleich wieder genau auf der Lavazunge errichtet. Lava fließt dort nicht noch einmal entlang. Bei Sonnenuntergang beendeten wir die Wanderung und fuhren zum Baum der Hundert Pferde.
Was hier im unteren Bild wie ein kleines Wäldchen aussieht, ist ein einziger Kastanienbaum. Diese Esskastanie ist 3000 bis 4000 Jahre alt und dank der Ausdehnung entweder der älteste Baum der Welt und der größte Europas oder umgekehrt: der größte Baum der Welt und der älteste Europas. Die Sage geht, das bei einem Sturm eine der Königinnen Siziliens mit ihrem Gefolge von 100Reitern unter dem Schirm der Kastanie Schutz fand. Eigentlich war der Baum wie ein Ring, in dessen Mitte eine kleine Hütte stand. Ein Lavafluss hat Teile des Baumes dahingerafft, die übrigen Teile sterben dank der bakteriellen Kriegsführung der Amerikaner, die im 2. WK einenspeziellenKrankheitserreger mit nach Italien brachten und hier ausssetzten, der die Esskastanien vernichtet.
Die beiden Fotos gehören eigentlich überlappend nebeneinander. Da wir schon mal bei Bäumen sind: Fällt Euch bei den Birken etwas auf? Wenn ja, warum?
Wenn morgen das Wetter mitspielt, gehe ich noch einmal einen Tag im Nationalpark wandern. Der Empfang heute Abend hier im B&B Sotto il Vulcano ist eigentlích nicht zu beschreiben, ich versuche es morgen trotzdem.
Gute Nacht (22.45 Uhr) Thomas
Heute ist das Wetter gräuselig, stürmische Böen treiben den heftigen Regen übers Land. Salvo, mein Herbergsvater ist ganz unglücklich gewesen, dass ich mir heute nichts mehr ansehen kann. Deshalb hat er mit mir eine kleine Rundfahrt gemacht, mir den Monte Rubello gezeigt, der vor 300 Jahren ausbrach und eigentlich gleich hinter dem Haus liegt. Dort ist auch ein Gäjt- Denkmal (Gäjt- Goethe) und in der Nähe befindet sich eine verschüttete Kirche, in der die Marienfigur von der Lava verschont geblieben ist. Beeindruckend ist vor allem, dass die Kirche natürlich nun etwa 4-6m unter dem heutigen Straßenniveau liegt. Auf der Lava wurde die neue Kirche und die komplette Infrastruktur einfach draufgesetzt. Mein Chauffeur hat mich dann noch zum Vulkanologischen Museum gefahren und dort auch wieder abgeholt. Übrigens blühen hier bereits seit Weihnachten die Mandelbäume, Ginster und Mimosen. Weihnachten hatten sie hier 22-28°C, heute nur 8. Hoffentlich sieht es morgen besser aus. T(14. Januar)
6 Kommentare:
Lieber Thomas, du bist doch immer für eine Überraschung gut,hast es tatsächlich heute , nein , gestern noch geschafft, über deinen Etnabesuch zu berichten,einiges war tatsächlich neu, offensichtlich konntest du auch nicht bis ganz oben an den Krater, oder hast du es uns verschwiegen?
Es gibt schon wahnsinnig viel Interessantes auf der Welt und vor Ort ist es noch spannender.
Ein Glück, dass du dein Hab und Gut bei dir hattest,so erreichst du dein Ziel doch noch, schlaf gut.
Liebe Grüße Uta,Guten Morgen!
Ganz schön beeindruckend. Habe mir den Etna auch ganz anders vorgestellt.
Dass tote Bäume deine Leidenschaft sind, ist allerdings erstaunlich. das wusste ich nicht.
Ich weiß auch nicht, warum die Birken "kniefrei" tragen, wo sie doch sonst so schön schneeweiß gekleidet sind, oder hätte mir noch was anderes auffallen sollen?
Liebe Grüße,
Petra
... ich bin wieder mal sehr beeindruckt und neidisch auf die Erfahrungen, die du machen kannst, Thommi!
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Es ist traurig, wenn einem Menschen zeigen, wie fies sie sein können!
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Beim "Suchbild" schließ ich mich der Vermutung von Petra an und unterzog die Birken einer genauen Betrachtung:
Fazit: die dunklen Stellen sind auffällig gerade umgrenzt und ziemlich ähnlich, was Form und Größe angeht - also kein Wildfraß!
Vielleicht waren hier Rindenschäler am Werk, die die äußere weiße Rinde als Schreib- oder Malunterlage nutzen ???
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Zum Thema Lautmalerei und Gruppenbild kann ich auch mal kreativ werden und komme auf das Wort "ELEMENTE":
dich noch mit einbezogen (tausche ein E mit A und gewinne die Welt!), euren Begleiter Paolo habe ich nicht "rein bekommen" :(
Bei der "Laut"-Lavabezeichnung war ich spontan wieder schmuddelig, dachte aber eher an das Aussehen - was war nur in meiner Kindheit los ???
Imi
Hallo Thomas,ich glaube, du bist jetzt auch eingeschneit, deine Bilder vom Etna sehen ja fast schon so aus.Ich bin die letzten Tage etwas lahm gelegt, meine Bandscheibe hat sich gemeldet, besonders morgens dauert es einige Zeit,die Socken müssen mit Schwung übergewofen werden und am besten ist es , wenn ich den ganzen Tag stehe oder sanft laufe, zum Wandern völlig ungeeignet, das muss ich auch nicht.Wo bist du mit deiner "Wanderei"? Hast du Herrn Seume schon im Visier?
Ich hoffe, dir geht es gut ,und du sitzt nur wieder in einem "Funkloch" oder lässt dich von den Sizilanern verwöhnen.
Liebe Grüße Uta
Heute brauche ich für mich, ich melde mich morgen, mir geht es gut! Thomas
Entschuldige,lieber Thomas, ich bin eine Nervensäge, alles Gute und liebe Grüße Uta
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