Donnerstag, 21. Januar 2010

Noto


Auf dem gestrigen Weg bin ich der Küstenlinie des großen Hafens von Siracusa gefolgt und hatte noch einmal diesen tollen Blick auf die Stadt - bye, bye!
Ihr Ärmsten darbt in Schnee, Kälte und Finsternis und das nun schon eine gefühlte Ewigkeit? Ich schicke Euch alle Sonne-Frühling-Sommer-Bilder, die ich in den letzten beiden Tagen gemacht habe und hoffe, es muntert ein wenig auf.
Nach der obligatorisch häßlichen Ausfallstraße konnte ich auf eine ruhige Parallelstraße abbiegen. Ich habe einen großen Bogen am Meer entlang nach Cassibile geschlagen. So macht man aus 15km 20. Der gesamte Landstrich parallel zur Küste wird landwirtschaftlich genutzt. Entweder wird in Gewächshäusern kultiviert oder Zitronenplantagen säumen die Straße. Unter freiem Himmel wird Salat, Fenchel und Kohl angebaut. Rechts der Straße wurde gerade geerntet
(Im Hintergrund grüßt noch einmal der Etna), links der Straße wird neuer Salat gepflanzt.
An den beiden letzten Tagen bin ich wie im Oktober nur mit der dünnen Fleecejacke gestartet, heute mit Basecap, die Sonne blendet sonst.



Unter den Bäumen blüht etwas, das in der Blattform wie Klee aussieht,
aber gelbe, trichterförmige Blüten hat.

Der Hibiskus bildete eine ganze Hecke, blühte aber nur vereinzelt.





Die strada statale 115 führt entlang der Küste durch die größten Ortschaften. Gestern musste ich dieStraße die ersten 3 km nutzen, weil keine andere Straße über die Flüsse führt. Mein Hotel in der vergangenen Nacht lag auch direkt an der Straße, ein Wecker war nicht nötig. Heute waren eigentlich nur zwei kurze Stücke eingeplant. Nach einem Kilometer konnte ich die Schnellstraße verlassen und durch die Felder wandern.

Auch hier wurde Kohl (oder Salat?) geerntet. Nach einem Kilometer dann das:


Meine Technik hat versagt. Als ganz normale Straße ausgewiesen, ist es plötzlich eine Privatstraße. Mein Navi hatte mich ja schon mehrfach vor solchen gesperrten Straßen gewarnt, hier aber nicht. Dabei sieht es nicht so aus, als hätte man hier erst in den letzten paar Monaten die Straße geschlossen. Also wieder zurück, zwei Kilometer Umweg, immerhin eine halbe Stunde, und zwei weitere Kilometer auf der Schnellstraße.

Dann endlich der Abzweig. Hier ergibt sich ein ganz anderes Problem. Das hier soll eine Straße sein. Gut, fahren könnte man, aber nach dem Tor vorher habe ich meine Zweifel, dass ich hier wirklich durchkomme. Hier noch einmal umkehren würde einen gewaltigen Umweg bedeuten. Die Straße wird immer schmaler und ähnelt mehr einem trockenen Flussbett. Langsam geht es in die Hügel, das Meer werde ich erst wieder in der nächsten Woche erreichen.

Der Weg ist nur noch ein schmaler Pfad, mein Navi behauptet immer noch, dass ich auf einer Straße bin. Ich befürchte, wenn ich um die nächste Kurve biege, stehe ich mitten auf einem Hof mit drei hungrigen Rottweilern oder einem Mann werden gerade Betonschuhe angepasst und die drei Leibwächter mit Maschinengewehren veranstalten ein Schießtraining mit mir, bei dem ich auf der falschen Seite stehe.

Die Landschaft ist fantastisch und zwischen meinen Fantasien habe ich auch noch einen Blick für ihre Schönheit, es könnte ja der letzte sein.


Das passiert, wenn man Weihnachtssterne frei lässt.
Endlich taucht eine richtige Straße auf und bald darauf sehe ich Noto. Genau wie die anderen Städte im Südosten, ist Noto von dem großen Erdbeben 1693 zerstört und dann barock aufgebaut worden. Auch Notos Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Die Kathedrale von Noto sieht nicht nur nagelneu aus, sie ist es auch. 1996 ist das Hauptschiff, die Kuppel und eines der Seitenschiffe eingestürzt, wenn ich richtig übersetzt habe durch ein Erdbeben. Man hat sich dann entschlossen, die Kirche mit den alten Techniken genau so wieder aufzubauen.

Die gesamte Altstadt ist barock. Der große Bau auf der linken Straßenseite ist der Palazzo Nicolaci. 2004 ist der letzte Principe di Villadorata gestorben und hat den Palazzo der Stadt vermacht. Unten ist die kommunale Bibliothek eingezogen und in der Herrschaftsetage (piano nobile) kann man heute heiraten und die Prunkräume besichtigen, was ich auch getan habe (besichtigen, nicht heiraten). Da ich der einzige Interessent war, habe ich eine Privatführung bekommen und konnte in aller Ruhe die Räume und von den Balkonen den herrlichen Blick über die Stadt genießen.
Ein Blick auf die restaurierte Kuppel der Kathedrale.

Dann hat der nette Herr ein Foto von mir gemacht. Rechts hinter mir ist das Rathaus zu sehen und wenn man ganz genau hinsieht, kann man rechts vom Rathaus die südlichste Spitze Siziliens.

Da ich mich wirklich interessiert zeigte und nachfragte, ging er mit mir noch auf den Hof und ließ mich einen Blick auf den historischen Fischmarkt (die Familie ist durch den Thunfisch reich geworden) und in den Alchimistenkeller des ersten Hausherren werfen.


Im Theater läuft Pippi Langstrumpf, das Musical - auf italienisch: Pippi Calzelunghe. Man beachte das Dreirad im Vordergrund: Ape Cross Country steht auf der Seite, dafür hat es einen gelben Überrollbügel. Ape heißt Biene, wegen des summenden Motorengeräusches.
Zwischen Noto und Ispica gibt es nur die ss 115. Die Leute in Siracusa hatten schon Recht, der Verkehr ist auf dieser Straße nicht sooo schlimm. Aber es ist schon ein Unterschied, ob man die 22km mit dem Auto in 15 min fährt und sich über den fließenden Verkehr freut, oder ob man für die Strecke 5 Stunden zu Fuß benötigt und den fließenden Verkehr verflucht. Außerdem habe ich morgen eine Suite in einem alten Palazzo, in dem die Anreise bitte zwischen 11 und 14 Uhr erfolgen möchte. Dazu müsste ich vor dem Aufstehen los gehen, also Bus! Nächste Woche gibt es zwei 30km-Etappen, wollen wir uns mal noch etwas schonen.
Des Rätsels Lösung ist: Ein Teepavillon! Auf dem Hof der Regionalverwaltung von Siracusa steht ein aus Polycarbonat-Platten geschnittener und mit Kabelbindern zusammengehaltener Pavillon des japanischen Architekten Kengo Kuma.
Den hatte er 2005 im Mino-Park in Tajimi in Japan zu Ehren des großen japanischen Künstlers und Teemeisters Furuta Oribe errichtet. Seit 2008 steht er hier auf dem Hof. Tee gibt es keinen.

Das Foto entstand in diesem Eingang stehend, ins Innere fotografierend.

Jede Scheibe ist anders. Insgesamt war der mobile Bau auf jeden Fall überraschend.
Ich hoffe, die Sonnenbilder helfen Euch ein wenig in der trüben Zeit. Ich melde mich so bald wie möglich.
Gute Nacht (21.20 Uhr) Thomas

3 Kommentare:

Uta hat gesagt…

Lieber Thomas, du hast es wirklich gut und auch dein Anblick ist erfreulich, leicht gebräunt und gar nicht abgemagert,Gott sei Dank, ich fürchtete schon, dich als Skelett zu sehen.
Wunderbare Frühlingsbilder,die meine eiskalten Zehen von heute Nachmittag bei einer Stunde Rodeln bei minus 6 Grad fast vergessen lassen.
Schöne Barockbauten, aber ich glaube, viele sind unbewohnt?
Diesen wunderbaren Balkon habe ich auch fotografiert,bin aber leider nicht so schöne Wege gelaufen,war allerdings auch nie in Gefahr, also pass auf dich auf.
Liebe Grüße Uta

Unknown hat gesagt…

Samstag, Mittag, -8 Grad im prallen Sonnenschein auf dem Balkon.
Ja, Du hast richtig gelesen, wir haben heute endlich Sonne, allerdings verbunden mit Minustemperaturen- aber das ist ja schon mal was.
Deine Ängste bezüglich des Weges und der möglichen unerwarteten Begegnungen kann ich alter Schisser völlig nachvollziehen. Da Du Dich aber so heldenhaft gezeigt hast, bringst Du uns mit Deinen Bildern den Frühling ins Haus. Ich habe in fast jedem Zimmer Blumen von Frau Neckar zu stehen, aber vergleichsweise bisher wenig Frühling erzeugt.
Ich bin gespannt auf das Luxushotel. Sei umarmt von Jacqueline

Uta hat gesagt…

ach,sieh mal an,Jaqueline hat dir auch gleich die Neuigkeit vom Sonnenschein in Berlin gemeldet.Es ist wunderbar aber bitterkalt,vor allem wenn dir der Wind von vorn ins Gesicht weht, und das hat er mir heute schon bei meiner kleinen "Wanderung".
Nun ,es kann ja nur besser werden, und du scheinst dich ja auch zu verwöhnen,viel Spaß in deinem Nobelhotel!
Liebe Grüße Uta