Freitag, 8. Januar 2010

Sabaudia

Wer von Euch hatte denn das bestellt und dann bitte auch: wie?

Ich bin gestern früh aus meinem Hotel getreten und hörte schon beim Bezahlen eine unregelmäßige Autohupe. Auf der Promenade fuhr im Schritttempo ein Auto, der Vater hatte sein Kind auf dem Schoß, das immer munter die Hupe drückte und der Papa telefonierte derweil. Das ist doch zu viel, oder? Sowas kann ich nicht schreiben, klingt ja wie ausgedacht nach dem Text vom Vortag. Zu seiner Ehrenrettung muss man sagen, dass er das einzige Fahrzeug "lenkte", das auf der Straße fuhr.


Nun zu den drei letzten Etappen:

Nettuno


Mit einem "Herzlich Willkommen" mit ganz leicht sächsischem Einschlag wurde ich im Hotel begrüßt. Eine junge Frau aus Dresden stand hinter der Rezeption. Nach einer kurzen Plauderei ging ich aufs Zimmer, als ich nach einer Stunde wieder unten war, hatte sie leider schon Feierabend.

Nettuno ist in Italien im Baseball sehr bekannt, bewirbt sich auch selbst als Baseball-Stadt am Ortseingang. Der Kern der Stadt ist ein altes Kastell und daneben ein alter und verwinkelter Teil, der sich am Yachthafen einen befestigten Hang hinaufzieht. Es ist komisch, aber mit manchen Orten stimmt die Chemie irgendwie nicht. So ging es mir mit Nettuno.
Der Yachthafen ist gewaltig, und die Schiffe sind es auch.
Gleich hinter der Stadt soll ein ruhiger Wanderweg am Wasser entlang den Weg abkürzen. So sagen es mein Navi-Gerät, il mio regalo di natale (mein Weihnachtsgeschenk) und google sogar im Satellitenbild. In Wirklichkeit muss ich fast eine ganze Stunde an einem riesigen Militärgebiet vorbei. Dann endlich führt der Weg auf einer schmalen Straße an diesem Wald vorbei.
Entlang des Waldes standen plötzlich in größeren Abständen vier sehr stark geschminkte und dafür nicht sehr stark bekleidete Damen aus Afrika. Zwei davon luden mich ein, nachdem ich höflich gegrüßt hatte. Ich lehnte dankend ab, ich musste ja noch bis
Latina,
eine Stadt, die genau wie Aprilia und Sabaudia, gerade erst auf die 80 zugeht. Für eine italienische Stadt ist das ja gar kein Alter. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann die Trockenlegung der Pontinischen Sümpfe. Diese sind ein frühes Bespiel für eine selbstgemachte Umweltkatastrophe. Die Römer haben für ihren imensen Holzbedarf alles abgeholzt und die Flüsse aus den Bergen spülten so viel Erdreich mit sich, dass sie sich im nächsten Jahr ein neues Flussbett suchen mussten. Bei Wikipedia gibt es dazu einen ausführlichen Artikel.
Mussolini startete also das Projekt, das bereits in den Schubladen lag. Diese drei Städte wurden gegründet, Sabaudia sehe ich erst morgen, wenn ich weiter gehe.
Latina ist gleichzeitig Sitz der Regionalregierung und baut und baut.
Hierbei fühlte ich mich ein wenig an das Marcellus-Theater erinnert, zumindest im unteren Teil. Die Stadt ist von einem zentralen Platz aus konzipiert und hat breite Straßen - eine Stadt für Autos, nicht für die Menschen.
Alle offiziellen Gebäude und auch die Gesteige im zentralen Bereich sind mit diesem hellen Stein verkleidet (Travertin?) und sehen den Gebäuden aus der Zeit, die wir in Berlin haben, sehr ähnlich.
Der Eingang zum Stadion
Steinfassade und Ziegelwerk wechseln sich ab. Leider war es für meine Kamera schon zu spät.
Sabaudia
Gestern strahlender Sonnenschein, heute früh bei Regen aufgewacht. Da ich erst um 10 wanderfertig war, hatte sich das Wetter beruhigt. Nach einer guten Stunde hatte ich den Verkehr hinter mir gelassen und kam in den
Er zieht sich entlang der Küste bis nach Sabaudia, umfasst den Küstenstreifen und das Hinterland bis zum Monte Circeo, an dessen Fuß ich heute schon fast nächtige. Am Sonntag ist ein Ausflug dahin geplant.
Wasserbüffel und diese weißen Vögel hätte ich auch eher in Asien erwartet und nicht hier. Es sind doch welche, oder?
Blätter von diesem Eukalyptusbaum und die frische Seeluft haben mir heute bei meiner Erkältung weiter geholfen. Ich musste große Teile meiner Reiseapotheke wegwerfen, Verfallsdaten werden ja nicht zum Spaß angegeben. Der Weg war ein Genuss: kein Verkehr, Ruhe, Landschaft.
Die letzten 13km ging es dann direkt am Meer entlang. Offiziell ist das die SP 36. Rechts das Meer, links undurchdringlicher Urwald. Etwas weiter sind dann Lagunen auf der anderen Seite zu sehen.
Hin und wieder gibt es einen Stichkanal aus dem Hinterland bis ins Meer um den Wasseraustausch zu regeln.

Nach einer Stunde war dann der schöne Weg zu Ende und es ging auf einer schnurgeraden Straße weiter. Das ist nach zwei Stunden dann auch nicht mehr spannend. Zu dieser Jahreszeit herrschte kein Verkehr. Das Meer sieht aus wie die Ostsee im Winter.
Mein Hotel liegt wieder direkt am Strand und ich habe einen tollen Blick vom Balkon

In den nächsten Tagen wird es Schlag auf Schlag gehen. Nach dem Wochenende gehen mir die Hotels aus und wenn ich nicht noch durch Zufall eines finde, werde ich wohl wieder fahren müssen. Diesmal nach Napoli und dann geht es gleich auf die Fähre und ich melde mich von Sizilien. Für heute erst einmal süße Träume.
Es ist 20 Uhr und ich bekomme was zu essen!
Thomas (schläft heute unter dieser Dame)

7 Kommentare:

Uta hat gesagt…

Thomas, mein Lieber, ich habe schon schon nach dem Abendbrot auf deinen Bericht gewartet, endlich wieder Landschaft und Meer, ich liebe es und tolle Himmel,scheußlich diese neuen Städte, aber da mußt du durch im wahrsten Sinne des Wortes.
ich denke, du wirst nun sehr flink auf Sizilien sein und es wird dir gefallen,denn Sizilien ist nicht Italien, so wurde uns häufig versichert.Na, du hasr ja "am Ende" die größte Erfahrung.
ich bin weiterhin sehr gespannt und freue mich überjeden Beitrag und über jedes Bild.
Übrigens-auch für alle Leser- sitze ich meist bei geöffneten Fenster-auch bei unseren Minusgraden- weil ich dabei rauche-
und betrachte voller Genuss im doppelten Sinn deine Aufzeichnungen. Das zum Thema Rauchen, es ist eine Sucht nach über 40 Jahren!
Nun dir wird die Seeluft hoffentlich deine letzten schwarzen Stellen wegpusten und das Wandern und die schlechte Kost auch kein Gramm Fett an deinen zulassen.Was dich nicht umbringt, stählt dich also, ich bin sehr gespannt auf dein Erscheinen in der "Zivilisation".
Genug des unnützen Gefasel, wandere munter weiter, während wir wahrscheinlich morgen Unmengen von Schnee auf die schon hohen Berge türmen müssen.
Alles Liebe und viele Grüße Uta

Uta hat gesagt…

...mein Aendbrot war erst 19.00Uhr, dauert das so lange bis das zu sehen ist, du hast doch schon nach 17.00 Uhr dein "Sabaudia" geschrieben.Für mich ist die Technik faszinierend -aber unergründlich!
Du schläfst hoffentlich schon gut.
Uta

thmsgrf hat gesagt…

Liebe Uta, tja so ist das mit der Technik: Das Programm registriert, wann ich mit dem Schreiben begonnnen habe. Da hier im Hotel das Internet besonders langsam ist, hat es eine halbe Ewigkeit gedauert, bis die Bilder hochgeladen waren. Dann habe ich noch mit Jacqueline geschwatzt - so vergeht die Zeit. Ich war erst um 20.11 Uhr fertig mit dem Ganzen und konnte leckeren Fisch essen gehen. Übrigens auf diesem Weg auch Dank an Imi, das mit den Blättern an den Clementinen habe ich nicht gewußt. Ich dachte, das wäre einfach eine Marketingstrategie oder der Pflücker wäre zu faul gewesen.
Gute Nacht und keine Angst vor Daisy! Thomas

Unknown hat gesagt…

... bitte, bitte Thommi. Die Bildung anderer habeich mir ja auch auf die Fahne geschrieben! *breit grins*
Heute ist Samstag, also "Wander-Tag". Habe mich noch einmal durch die letzten drei Berichte gelesen, beim ersten Lesen übersieht man ja manches, außerdem kommt man dann wieder "in Stimmung" um richtig zu antworten!
Ein spontaner Gedanke sei hier mal geäußert:
"Manch einer bastelt 25 Jahre und länger an seiner Karriere und muss schon lange nachdenken, um sagen zu können, was sichtbar bleibt, ein anderer 'haut sein Weltbild in Stein' "
Über den Sinn solchen Tuns will ich nicht fabulieren - aber interessant ist es allemal!!!
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Die "Blätter"-Aussage habe ich natürlich nicht gegengeprüft u n d es kann ja nicht ausgeschlossen werden, dass bei den C. mit Blatt nicht auch geholfen/geschützt/konserviert wird, aber "so steht es geschrieben" und klingt nicht unlogisch ...

------- Satire Anfang ------
Hallo Uta, heute mal massiv direkt an dich:
Ich habe auch ein Beispiel, das beweist, dass Rauchen gesund ist:
Ampel - grün - erst noch eine Zigarette anzünden - Auto rast durch - siehste hätte ich nicht geraucht ...
Also, such dir schon mal ein Projekt, das d u dann von deinem 70. LJ an in Angriff nehmen kannst!!!
----- Satire Ende -----

Imi

Unknown hat gesagt…

Die Himmel über deinen ersten Bildern sehen aus wie auf den Gemälden, die ich mal in einer Ausstellung sah und die sich speziell um dieses Thema drehten. Ich find's auch angenehm wieder mehr Landschaft zu sehen (du ja bestimmt auch).
Sag mal, wieviele Pixel haben deine Bilder, wenn du sie schießt? Wie weit könnte man z. B. das Bild mit dem blauen Fensterladen und der Pflanze drunter vergrößern, dass es noch gut aus sieht. Das würde im A4-Format nämlich super in mein Bad passen ;-)
So eine Dame wie die, unter der du gestern Nacht geschlafen hast, habe ich auch gerade bei einer Künstlerin in Auftrag gegeben (nur ohne Meer und ohne Engel). Sollte das Bild was werden bzw. mir gefallen, kommt es an die Wand zwischen Utas Blüten-Bilder. Das wird dann meine Wald- und Wiesenfee. ^^
Bis bald,
Petra

Uta hat gesagt…

Hallo Thomas, habe mir fast so etwas gedacht mit der Verzögerung, aber vielen Dank für deine Information und geschlafen haste auch noch nicht. Hätteste mal die falschen Zeitangaben stehen lassen.Nun wird jeder "überorüft"und hallo Imi,bis 70 habe ich noch etwas Zeit und "Projekte" genug am Hals!Aber nichts für ungut!
Petra, wer ist die Küntlerin, du Abtrünnige, aber gerade das Meer unter der Dame ist doch das "Toll".
Übrigens erinnernmich die Himmel an Bilder von Caspar David Friedrich.
So, ich muss jetzt zu meiner zweiten Schneeschiebetour, wir verschwinden bald im Schnee, und ich fahre den Schnee schon mit der Schubkarre auf den Rasen, weil vorne kein Platz mehr ist,toll, was?
Lieber Thomas, einen schönen und erholsamen freien Wandertag mit gutem und preiswerten Essen und nur sanften Eindrücken.
Liebe Grüße Uta

Uta hat gesagt…

also, weißt du Thomas wanderfrei ist doch nicht auch schreibfrei!Dabei habe ich mich so auf ein "Sonntagsschmankerl"gefreut, nachdem ich den ganzen Vormittag mit den Schneemassen gekämpft habe. Es ist unglaublich,was bei uns heruntergekommen ist.
Wahrscheinlich steckst du in irgendeinen "Kaff" und hast keinen Internetzugang,zugeschneit kannst du ja kaum sein,na dann erhole dich noch gut, bis zum nächsten"Erguss",liebe Grüße
Uta