Siracusa

Bis hierhin und nicht weiter.

Nach 19 Wochen bin ich also endlich in Siracusa angekommen. Die Stadt gefällt mir sehr, aber dazu komme ich erst übermorgen ausführlicher. Heute erst einmal die Etappe bis hierher:

Gestern bin ich dann wieder bei strahlendem Sonnenschein wenigstens die 15km von Nicolosi nach Catania gelaufen. Antonella und Salvo haben mich herzlich verabschiedet und ich habe versprochen, im Herbst 2011 wieder zu kommen, dann für eine Woche. Mit Salvo habe ich einen Fan von Seume gewonnen. Er hat sich gleich am ersten Abend das Buch von mir ausgeborgt und die Seiten, die Nicolosi und den Etna betreffen, kopiert. Er will versuchen, eine italienische Ausgabe zu finden, sonst übersetzt ein Freund. Salvo hat versprochen, mit dem Direktor der Nationalparkbehörde zu reden. Es kann ja nicht angehen, dass der Goethe, der dem Etna nur einige Zeilen gewidmet hat, ein großes Denkmal bekommt und Seume, der ja sogar bis zum Gipfel gestiegen war und darüber begeistert berichtete, wird nicht einmal in der Broschüre erwähnt! Vielleicht hat Salvo Erfolg und Seume wird hier endlich gewürdigt.

Die Mandelbäume haben durch den Regen heftig gelitten. Auch für Sizilien ist diese Blüte eigentlich zu früh.

Die Strecke von Catania bin ich wieder mit dem Zug gefahren, die Gründe hatte ich in Catania II schon erläutert. Dazu kommt aber auch noch, dass ich heute Bergfest feiere. Der Prosecco ist schon kaltgestellt. Ich bin seit 19 Wochen unterwegs und in 19 Wochen ist der 30. Mai und spätestens dann will ich zu Hause sein.

Ich habe jetzt ziemlich genau 3000km zurück gelegt: 230km mit dem Bus, 450 km mit dem Schiff, 620km mit dem Zug und 1700km zu Fuß. Na, wenigstens mehr als die Hälfte gelaufen. Ich habe mir am Freitag bei dem Dauerregen die alten Posts durchgelesen und fand interessant, wie sich der Charakter der Unternehmung geändert hat.

Das Gefühl, hier angegkommen zu sein ist gar nicht so, wie ich es erwartet hatte. Eigentlich auch wieder klar, es ist ja kein Zieldurchgang wie bei einem Rennen, jetzt bin ich da und nun ist Schluss. Es geht ja genauso spannend und ohne langfristige Planung weiter.

Meinen Füßen geht es besser als je zuvor auf dieser Wanderung, nur meine rechte Schulter wird mehr und mehr zum Problem. Die vollmundige Ankündigung der Physiotherapeutin: "Wenn Sie wieder zu Hause sind, ist die Schulter in Ordnung." kann ich nicht mehr so recht glauben. Nun ja, der Arm ist noch dran und kann noch ein Messer halten, das muss reichen. Die Reisekasse ist wieder aufgefüllt, keine weiteren Hindernisse in Sicht.

Siracusa ist eine griechische Gründung auf der Insel Ortigia. Bereits nach kurzer Zeit war die Stadt so bedeutend geworden, dass sie sich auf das Festland ausdehnte. Hier ist heute die Neustadt aber auch der Parco Archeologico. In ihm gibt es das gut erhaltene griechische Theater zu besuchen, die Steinbrüche, aus denen die Steine für die Stadt gewonnen wurden, und ein Amphitheater.

In der Sonne waren es deutlich über 20°C, ich hatte vier Schichten an und pellte mich so nach und nach aus den Jacken.

Dieser Steinbruch wird das Ohr des Dionysios genannt. Angeblich soll er den Namen von Caravaggio erhalten haben. Hier soll (könnte) der Tyrann seine Gefangenen belauscht haben. Die Höhlen dienten zu dieser Zeit als Gefängnis und haben eine ausgezeichnete Akustik.

Das Motiv dieser "Höhle" begleitet mich schon die ganze Zeit. So sah also der Eingang
zu Seumes Zeiten aus. In Syrakus selbst erinnert nichts an Seume, zumindest ist mir nichts aufgefallen und Simona, die Dame im Hotel, die mir gleich ein Ausflugsprogramm basteln wollte (mit vielen Wanderungen), kannte den Namen auch nicht.

Ich verstehe nicht, warum man hier so tief in den Stein gearbeitet hat, während man rundherum wie in einem normalen Steinbruch die ganze Wand abgetragen hat.

Am Grund des Steinbruchs entstand ein herrlicher Garten, "Paradiso" nicht umsonst benannt.
Leider ist ein großer Teil der Wege gesperrt und das offensichtlich schon seit langer Zeit.
Das Amphitheater

Auch auf der Insel gibt es überall Spuren der griechischen Besiedlung. Der Dom ist in einen Tempel der Athene hineingebaut worden.

An der Seite und im Innern kann man die Originalsäulen erkennen.

Ich kann Euch ja nicht völlig ohne Bilder aus der Stadt in die Woche schicken.

Eine weitere Sehenswürdigkeit und der Grund, warum die Insel besiedelt wurde, ist die Quelle Arethusa, italienisch: Fonte Aretusa. Nach ihr hat sich die Seume-Gesellschaft benannt.
Hier an der Quelle und an den Ufern der beiden Flüsse wachsen die einzigen Papyruspflanzen Europas.

An der Quelle soll diese Plastik die griechische Nymphe Arethusa darstellen, die von einem Jäger bedrängt wurde. Um sich vor seinen Nachstellungen in Sicherheit zu bringen, verwandelte sie sich mithilfe der Göttin Artemis in eine Quelle auf der Insel. Der Jäger Alpheios verwandelte sich daraufhin in einen Fluss, um sich mit ihr vereinen zu können und das Wasser erreicht tatsächlich untermeerisch die Insel.

Die gleiche Geschichte ist auf dem Brunnen auf der Piazza Archimede dargestellt. Das Grab des Archimedes soll ebenfalls im Archäologischen Park sein, ich habe es nicht gesehen.

Noch zwei Tage habe ich Zeit, die Stadt zu genießen und die weiteren Wege zu planen. Ich melde mich wieder am Dienstag und verabschiede mich mit zwei Ansichten von Syrakus vom gestrigen Abend.

Da war doch noch was, werden einige denken. Richtig! Uta hatte mir bei ihrem Urlaub im Herbst eine Überraschung hinterlassen. Auf die Frage nach einer genauen Wegbeschreibung bekam ich den zarten Hinweis, wenn ich nicht völlig meschugge von der ganzen Kultur wäre, würde ich die Bank schon finden.


Mit dem Blick auf das Theater gibt es tatsächlich nur eine Bank.

Und so wie die aussieht, wird es sie nicht mehr lange geben. Nachdem ich die Bank erst einmal ausgiebig von unten inspiziert habe (die Aufsicht wurde schon unruhig), fand ich die "winzige Erfrischung" dann obenauf:

"Attitude" von Giorgio Armani hat offensichtlich schon einige erfrischt, ist aber liegen geblieben. Riecht gut, Uta! Wenn ich jetzt abends schwofen gehe (ha,ha) rieche ich nicht mehr (bestenfalls) nach Rei in der Tube, sondern nach Armani, danke!

Besser wurde es nicht, die Sonne blendete so.

Das, was Du in das Ohr des Dionysios geflüstert hast, kann ja eigentlich nur "Die Bürgschaft" von Schiller gewesen sein: "Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich/Damon, den Dolch im Gewande/ihn schlugen die Häscher in Bande,..." und dann: "Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß/Ihn jagen der Sorgen Qualen;/Da schimmern in Abendrots Strahlen/von ferne die Zinnen von Syrakus."

Tja, das Internet ist doch etwas Wunderbares.

Grüße vom Wendepunkt! Thomas