Donnerstag, 11. März 2010

Marta


Da bin ich also in Marta. Klingt komisch, ist aber so. Die letzten fünf Tage habe ich für Euch chronologisch aufbereitet und jetzt gehts los:
Am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein und bereits morgens bei Temperaturen über 10°C gehe ich auf verkehrsberuhigten Straßen immer stur nach Norden.

Nach der Piazza di Popolo folge ich der Via Flaminia, auf der ich außerhalb von Rom auf dem Hinweg unterwegs war. Ich besuche noch das Olympiastadion, dass Mussolini Anfang der 30er Jahre bauen ließ, als sich Rom für die Austragung der Olympischen Spiele 1940 beworben hatte. Das eigentliche Stadion ist inzwischen mehrfach umgebaut worden und nur ein mächtiger Obelisk mit dem Namen und das Mosaik mit Duce ist aus der Zeit.

Die Nebenanlagen sind allerdings original aus dieser Zeit und um die kleineren Sportanlagen stehen jeden Menge heroischer Sportlerfiguren, die alle möglichen (und zum Teil noch nie gesehenen) Sportarten verkörpern. Hier findet so etwas wie ein Familiensportfest statt und man genießt den schönen Sonntag.


Direkt hinter dem Stadion führt mich mein Weg in ein Naherholungsgebiet am Monte Mario. Von hier kann man nocheinmal das Stadion, in Verlängerung der Brücke das MAXXI (Museum von Zaha Hadid) und etwas links davon die Käfer des Auditoriums sehen. Der Weg ist nicht anstrengend und auch nicht sonderlich gefährlich, ich habe bis zu meinem Quartier meist Fußwege neben der Fahrbahn.


An meinem Quartier stehe ich vor einem hohen Eisentor. Kein Hinweis auf ein Hotel der eine Herberge, Zentrum für Spiritualität steht auf dem Schild. Während ich noch überlege, welcher Sekte ich mich hier gerade ausliefere, öffnet sich das Tor und ein Auto mit zwei Nonnen fährt heraus und die Beifahrernonne erklärt mir, dass ich hier schon richtig bin. Tut mir leid, aber bei Nonnen im Auto denke ich immer an Louis de Funes und kann nicht ganz ernst bleiben. Es hat für mich etwas Unwirkliches.

Ich habe ein einfaches aber ruhiges Zimmer, mit allem was ich brauche und kann bei offener Balkontür mit Blick in den Park Tagebuch führen. Zum Abendessen ist für mich auf der einen Seite gedeckt und auf der anderen Seite des Saales sitzen die 19 Nonnen. Das Absurdeste daran ist, dass die Nonnen den Geburtstag von zweien aus ihren Reihen mit Pizza, Cola und Bier feiern, während ich klassisch italienisch esse. Die Stimmung an der Tafel ist derartig ausgelassen, dass die eine der Schwestern mir übersetzen soll, warum da ständig gelacht und gealbert wird. Ich hatte schon befürchtet, ich müsste das Tischgebet sprechen und während des Essens herrscht Schweigen!

Am Montag bin ich dann schon richtig raus aus Rom, die Gegend wird ländlicher. Die Sonne scheint, aber es ist deutlich frischer geworden.

Kann noch jemand einen Streitwagen nebst Krieger in Lebensgröße für seinen Garten gebrauchen, ich hätte da eine Quelle.

Ich habe mir den Weg so gelegt, dass ich hier durch landschaftlich schönes Gebiet komme. Eigentlich geht ein Naturpark in das nächste Naturschutzgebiet über, viele Seen und Berge vulkanischen Ursprungs liegen auf der Strecke. Hier steht auch die größte Magnolie, die ich bisher gesehen habe.

Der Lago di Bracciano ist heute mein Ziel, genauer der Ort Tevignano Romana im Norden des Sees.

Das Hotel ist eine Bungalowanlage mit Schwimmbad, Fußballplatz und allem, was den Urlaub rund macht, nur warm ist es nicht. Die drei Heizungen des Häuschens tun ihr Bestes, aber das ist nicht genug. Richtig warm wird mir erst beim Abendessen neben dem Kamin, heiß wird mir bei der Rechnung. Bei den Nonnen gab es für den Pellegrino (ich bin jetzt ein Pilger!) leckere Ravioli mit Tomatensoße, Schnitzel mit Pommes und Salat, einen Obstkorb, Rotwein und Wasser für 10€. Hier kosten meine Tagliatelle schon mehr.


Am Mittwoch hat die Sonne Pause, es nieselt beim Losgehen. Dafür habe ich die ersten 4km bis in den eigentlichen Ort einen herrlichen Radweg. Ich habe alle fünf Tage mit höchstens 24km geplant, nach der Gammelei seit Capri muss ich erst einmal in Schwung kommen. Es ist aber ein tolles Gefühl, wieder auf der Piste zu sein.

Plötzlich stelle ich fest, dass sich unter die Regentropfen kleine Schneeflocken mischen. Schnell den Fotoapparat gezückt und das seltene Ereignis festgehalten. In Tevignano hat der Regen so zugenommen, dass das Wasser die Straßen herunterläuft. Ich muss bergauf und schwimme gegen den Strom. Unter den Regen mischt sich immer mehr Schnee und am Ortausgang

sieht es schon so aus. Am Pfeiler kann man gut erkennen, aus welcher Richtung der Wind pfeift und in welche Richtung ich unterwegs bin. Nach einer Weile überhole ich bergauf das erste Auto, das ohne Schneeketten in dem Matsch keine Chance mehr hat.

Oben angekommen singe ich Winterlieder und freue mich wie ein Schneekönig (das musste jetzt sein). Hier im Wald hat der Wind nachgelassen und ich stapfe durch 15cm wunderbaren Schnee. Ich habe Euch um Euren schneereichen Sommer wohl einmal zu oft beneidet, allerdings war das der Neid von Jemandem, der in sicherer Entfernung in der Sonne sitzt! Insgesamt überhole ich 13 Autos. In Sutri angekommen, haben die Carabinieri damit begonnen, erste Bergstraßen zu sperren.

Da der Boden hier recht warm ist und ich auch wieder mehr als 100m tiefer bin, wird die weiße Pracht hier zur Matschepampe, die mir von den Autofahrern bis zu den Ohren geschleudert wird. In Sutri wird noch ein kurzer Abstecher in das Amphitheater und ein kleiner Spaiergang durch den Ort gemacht.

Dienstag früh: Der Blick aus dem Fenster auf Ronciglione. Es hat nicht geschneit, dafür regnet es ununterbrochen. Beim Verlassen des Ortes blickt einmal kurz die Sonne raus und legt sich wieder schlafen.

Am Ortsausgang finde ich die ersten Hinweise auf die Via Franchigena, die hier mit dem Jakobsweg parallel verläuft. Der Weg weicht nur minimal von meiner eigentlichen Planung ab und verspricht fast autofrei zu sein, also wird er gegangen.

Das Foto zeigt, warum hier recht wenig bis gar kein Verkehr ist. Dafür habe ich eine himmlische Ruhe, ein paar Vögel unterhalten sich, sonst knarrt nur meine Ausrüstung.

Leider kann der Blick nicht in die Ferne schweifen, die Sichtweite liegt stellenweise unter 50m.

Bei einem heftigen Anstieg am Lago di Vico traut sich tatsächlich noch einmal die Sonne heraus und ich beeile mich. Von oben kann ich hoffentlich ein schönes Panoramafoto vom See und dem Berg machen. Auch hier ist ein großes Naturschutzgebiet mit wunderbaren Wanderwegen, auf der Karte zumindest. Die Wolken sind aber schneller als ich und oben fängt es wieder heftig an zu regnen. Erst beim Abstieg auf der anderen Seite klart es auf.

Plötzlich taucht auf einem Berg, der auch noch "Schöner Hügel" heißt, dieses Monstrum und zwei weitere gleicher Bauart auf.

Von der anderen Seite entpuppt sich die Betonburg als Hospital, was die Sache aber nicht schöner macht. In dieser Perspektive sehen die Massen gar nicht so gewaltig aus.
Von hier sind es nur noch knapp 5km Fußweg bis zum Hotel in Viterbo. Der Ort ist eine etruskische Gründung. Ich bewege mich seit drei Tagen im Kernland der Etrusker und habe keine Ahnung von ihnen und ihrer Geschichte.

Der Dom von Viterbo steht auf einem Hügel, auf dem man an den Fundamenten einiger Palazzi noch die mächtigen Steinquader der etruskischen Vorgängerbauten sehen kann. Die Kathedrale ist San Lorenzo geweiht und eine sehr schöne und schlichte romanische Kirche. Direkt daneben befindet sich der Papstpalast.
Von 1257 bis 1281 regierten von hier aus die Päpste den Kirchenstaat. Hier fand auch das längste Konklave statt. 1005 Tage konnten sich die Kardinäle nicht auf einen Papst einigen. Am Ende waren drei gestorben, einer gegangen und der Rest saß bei Wasser und Brot um eine Einigung zu erzwingen.

In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es ein mittelalterliches Viertel, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. (Nicht wegen des Weihnachtsbaumes)

Schraubt man die Schilder und Papierkörbe ab, kann man hier einen Film drehen ohne Kulissenbau. Die Altstadt Viterbos ist auch komplett von einer Stadtmauer umschlossen.
Viterbo war für mich eine echte Entdeckung auf dem Wege, mit der ich nicht gerechnet habe.

Heute Morgen: Hurra es hat geschneit! Inzwischen regnet es aber und das kann es heute richtig gut.

Bevor ich die Stadt verlasse, besuche ich noch das Etruskische Nationalmuseum in diesem burgartigen Palazzo aus dem 14. Jahrhundert. Kardinal d'Albornoz ließ ließ ihn errichten als er in Viterbo ankam um die Rückkehr von Papst Urban aus Avignon vorzubereiten. Der Bau ist eine eindrucksvolle Kulisse für die Ausstellungsstücke, die wunderbar sind. Ich habe vor Jahren die Ausstellung der Kunst der Etrusker in Berlin verpasst und hier im Museum sehen müssen, dass ausgesucht schöne Stücke in Rom sind. Noch etwas, was ich neben den Diokletianthermen (gut aufgepasst, Uta) beim nächsten Besuch einplanen werde.
Während ich im Museum bin, regnet es nicht. Kaum bin ich draußen, geht die Post ab. Die Straßen stehen unter Wasser, ich stelle mich trotz meiner Ausrüstung einige Male unter und überlege ernsthaft, wieder einmal Bus zu fahren.

Je weiter ich aus der Stadt raus komme, umso weniger wird der Regen. Nach 2km Schnellstraße gehe ich ganz gut auf einer Provinzstraße die nächsten 16km bis nach Marta. Zwischen den Weinstöcken und den Olivenbäumen liegt auch hier immer noch ein Rest Schnee, ein seltsamer Anblick.

Marta liegt am Lago di Bolensa, einer der größten Seen hier. Es ist ein malerischer kleiner Ort, in dem außerhalb der Saison noch weniger los ist. Ich bin für vier Mädels das Ereignis des Tages und sie probieren ihre Englischkenntnisse an mir aus.

Oberhalb der Stadt steht ein Uhrenturm auf einer Plattform. Von hier bietet sich ein schöner Ausblick auf den See.
Bevor ich noch mehr solche Gemeinplätze schreibe, soll es das für heute gewesen sein.
Die vergangenen fünf Tage noch einmal in der Zusammenfassung:
Sonntag
Montag

Dienstag
Mittwoch

Donnerstag
Zumindest die letzten drei sind tatsächlich an den Tagen entstanden, die anderen verkörpern nur die herrschenden Temperaturen.
Für die nächsten Tag sind überwiegend Sonnenschein und Temperaturen, die wieder oberhalb von 10°C liegen, angesagt. Bin gespannt, ob sich dran gehalten wird.
Bis bald! Thomas

5 Kommentare:

Uta hat gesagt…

Ach,Thomas,wärst du nur im Süden geblieben.Es tut mir leid, wenn ich dich "gedrängt" habe. Die Bilder sind ja schrecklich, Schneeee!
Das hast du nicht verdient und wir auch nicht-nach diesem elend langen Winter! Das kann nicht sein, hast du denn genügend warme Sachen?
ich habe richtig gelitten beim Anblick deiner Aufnahmen.
Wärst du wenigstens bei den Nonnen geblieben,da hättest du es gut, zumindest"warm".
Deine Porträts:kess,traurig, erscreckt,verwundert,schmollend über soviel Unbill!
Nun hoffe ich, das du dieses Wettertief bald hinter dir lässt und wieder "positiver" r`überkommst.
Marta und die Etrusker bekommen mir nicht.
Zieh dich warm an, schütze dich vor dem Regen oder nimm den Bus,wenn das Wetter so menschenunfreundlich ist.
Ich hoffe auf besseres Wetter für uns aber besonders für dich.
Liebe Grüße Uta

Unknown hat gesagt…

Also zwei Nonnen im Auto ... das geht ja wirklich gar nicht, ohne an Louis de Funes zu denken, da hast du absolut recht. Musste aber schon bei deinen ersten beiden Sätzen lachen (klingt komisch, ist aber so ;-)
Nee Mensch, wat'n Wetter da bei dir. Das trübt ja die Freude wieder auf der Piste zu sein doch erheblich. Danke für die Bilder mit lauter echten Thomassen drauf. Ist ja sonst doch für eine lange Zeit wie ein Film ohne Hauptdarsteller, was vor meinem Auge da durch die vielen Fotos in meinem Kopf entsteht.
Ich hatte gerade Besuch und die haben Utas Blumenbild an meiner Wand angehimmelt, dass ich nach der Verabschiedung zur Sicherheit noch mal nachgeschaut habe, ob es noch hängt. ;-)
Nun fallen mir die Augen zu.
Gute-Nacht-Küsschen von Petra

cdiet004 hat gesagt…

Hallo Thomas, da du vor einiger Zeit mal was von Orangen zum Abendbrot geschrieben hast, bin ich ja froh,daß du es dir wieder mit Schnitzel und Pasta(und Nonnen) gut gehen lässt!
Mein Mitleid mit dem Schnee hält sich leider in Grenzen, warum sollte es dir besser gehen als uns,ich wollte meinen Augen heute morgen nicht trauen-wieder weiße Dächer!
Wünsche dir aber trotzdem eine sonnigere Wanderung und grüße ganz herzlich, Claudia

wimwanderer hat gesagt…

Hallo Thomas,
nur Sonne und ab und zu ein wenig Regen, wäre ja auch ungerecht. Ein wenig sollst Du auch den Winter spüren. Wenn er, der Winter, bei Dir noch mit blühenden Magnolien einherkommt und so schnell wieder vorbei ist, kann man das doch locker sehen.
Nun also schon die Toskana. Wir freuen uns schon auf die sicher beeindruckenden Fotos der toskanischen Landschaft und aus Siena, Florenz, Lucca und Pisa.
Schönen geruhsamen Sonntag und guten Weg
Pa

Uta hat gesagt…

Also,mein lieber Thomas,du willst dich uns wohl so langsam abgewöhnen?Kein Sonnatgsgruß ,kein Net oder gar keine Lust mehr?
Na, irgend etwas wird es schon sein,hoffentlich was Gutes.
Bei uns hat es"endlich" wieder kräftig geschneit!!! Hurra!
Am westlichen Mittelmeer sollen aber um die 20 Grad sein, stimmt das?
Vielleicht gehört die Toscana gar nicht dazu.
Jedenfalls ist mein Sonntagnachmittag "versaut",weil ich bis jetzt !9.30 Uhr keine wunderbaren sonnigen neuen Bilder gefunden habe.Ich musste mich mit den "alten" erheitern,war auch sehr schön.
Hauptsache, dir geht es gut, ich übe mich in Geduld.
Liebe Grüße Uta