Bei der Ankunft am Fährterminal war er herrlich zu sehen, in den letzten beiden Tagen hat er sich rar gemacht. Ich habe um einen Tag verlängert und hoffe auf morgen.
Auf dem Weg vom Hafen zum Hotel gehe ich die Prachtstraße Corso Umberto I. entlang. Die Pracht leidet zur Zeit unter der Großbaustelle U-Bahn. Eigentlich ist es gar keine richtige U-Bahn, sondern eine unterirdische Regionalbahn, mit der man bis nach Salerno fahren kann.
Entlang der Straße stehen prachtvolle Bürgerhäuser, bestens in Schuss. An jeder freien Ecke und auf jedem freien Platz ist Trödelmarkt. Getrödelt wird mit allem, das meiste davon ist wirklich Trödel.
Beim Blick in die Baugruben wird schnell klar, dass so ein U-Bahnbau einige Jahre dauern kann. Die Stadt ist auf römischen und wer weiß was noch für Siedlungen gebaut und die werden akribisch erfasst und untersucht.
Gestern zogen dunkle Wolken über die Stadt und blieben dann am Vulkan hängen. Ich bin also durch die Stadt gezogen. Ich hatte Euch ja vorgewarnt, dass die ganze Stadt im Barockfieber ist und in 5 Museen Ausstellungen laufen, dazu eine unüberschaubare Kirchen aus der Zeit. Vorher aber ein Abstecher in das Castello Nuovo. Hier ist das Stadtmuseum untergebracht und eine ganze Menge Stadtverwaltung. Der ursprüngliche Bau stammt aus dem 13. Jahrhundert, als die Franzosen die Herren in Neapel waren.
Der Blick von der Dachterrasse des Kastells zeigt wieder eine Baugrube mit eingepackten Ausgrabungen in der Mitte. Der Knüller ist hier im Kastell aber der Saal der Barone.
In 28m Höhe ist dieses wunderschöne Gewölbe zu bewundern. Der Saal wurde 1330 gebaut und von Giotto mit Fresken komplett ausgemalt. Von diesen und dem figürlichen Schmuck hat nichts überdauert.
Im Museum ist das Bronzetor der Festung ausgestellt, in dem eine Kanonenkugel steckt. Der Witz daran ist nur, dass das Tor von den Franzosen als Kriegsbeute mitgenommen wurde. Das Schiff ist dann von den Genuesen aufgebracht worden und bei dem Beschuss ist das Tor wahrscheinlich getroffen worden.
Direkt neben dem Kastell befindet sich eines der Schlösser der Neapolitanischen Könige. Hier ist die erste Ausstellung zu sehen. Architekturzeichnungen, Malerei und die Prunkgemächer sind im Angebot.
Beeindruckend ist schon das Treppenhaus, in dem man noch fotografieren darf. In der Schlosskapelle ist eine Neapolitanische Krippe mit weit über 100 Figuren aufgebaut. Ich habe ja versprochen, dass es keine Fotos von Krippen mehr gibt.
Der Platz vor dem Schloss wird auf der anderen Seite durch einen Bau begrenzt, der irgendwie bekannt scheint. Da hat man sich mal beim Pantheon in Rom bedient und die Kolonaden geben so ein wenig Petersplatz-Feeling. Die Kirche ist dem Hl. Franz von Assisi geweiht.
Etwas weiter am Ufer entlang, das nächste Kastell. Dieses Kastell steht auf einer Felseninsel. Der Rest der Insel ist mit kleinen Restaurants vollgestopft.
Davor ein kleiner Yachthafen und hinten ist der publikumsscheue Berg mal wieder zu sehen. Allerdings sind die Wolken um den Gipfel so hartnäckig, dass es sich nicht lohnt. Ich bin auf Capri mit dem Sessellift auf den höchsten Berg gefahren und als ich losfuhr, zog oben eine Wolke auf. Die blieb dort den Rest des Nachmittags. Für so ein Erlebnis ist der Weg auf den Vesuv dann doch zu aufwändig.
Das Kastell kann besichtigt werden. Welchem Zweck das Gebäude heute dient, ist an keiner Stelle ersichtlich. Das erste Bild des heutigen Posts ist auch hier entstanden.
Heute früh war strahlender Sonnenschein, leider nur über der Stadt. Ich bin mit dem Bus zum zweiten Schloss hoch über der Stadt gefahren. Nach einer halben Stunde hatte ich etwa 500m zurückgelegt. Ich bin dann doch lieber zu Fuß gegangen und hatte den Bus immer gut im Blick. Das Museo di Capodamonte ist in einem riesigen Palast untergebracht und zeigt neben der Pinakothek auch Porzellan und Grafik. Hier habe ich tatsächlich fast den ganzen Tag verbracht.
Der Park ist gewaltig und man hat einen herrlichen Blick über die Stadt und die ganze Küste entlang. Der Friseur, bei dem ich heute war, hat mir erzählt, das auf dem anderen Vulkan, den Phlegräischen Feldern verstärktes Grummeln zu hören ist und auch wieder Dämpfe aufsteigen. Nicht nur in Amerika ist die Erde aktiv. Neapel ist von vulkanisch aktiven Gebieten also umzingelt.
Nachdem gestern die Gegend eher die hochpreisige Boutiquengegend war, ging es heute durch die normalen Wohngegenden. Hier wird wirklich jedes Klischee erfüllt, das man vom italienischen Süden hat. Wäsche auf und über der Straße, kleine Werkstätten im Erdgeschoss, Radio- oder Fernsehgeräusche aus den Fenstern. Gespräche unter Nachbarn werden auch über Etagen geführt und sind grundsätzlich öffentlich. Ich habe ein wenig das Gefühl, mit schmutzigen Schuhen über den Wohnzimmerteppich zu laufen und traue mich nur ein Foto zu machen.
Die Kathedrale kommt etwas überraschend. Die Straße ist nicht sehr breit und verstopft mit PKW und Motorrollern. Plötzlich öffnet sich ein kleiner Platz und strahlend hell steht die Cattedrale di San Gennaro da. Das Highlight hier ist das Baptisterium, das als das älteste der Christenheit gilt, älter als das vom San Giovanni di Laterano in Rom.
Nach jahrelangen Restaurierungen ist es jetzt wieder geöffnet. Leider sind große Teile der Mosaike nicht mehr vorhanden. Die zu sehen sind, sind allerdings wunderbar und von einer Leuchtkraft und Qualität, die mich begeistert. Das Foto wird dem nicht mal im Ansatz gerecht.
Gemeinschaftsklo ist eine nette Idee, aber nicht makaber genug. Jetzt kommt die Lösung:
Was Ihr hier seht, ist der Friedhof der Klarissen. War eine Nonne verstorben, wurde ihre Leiche auf einen dieser "Stühle" gesetzt und verweste dort. Die Körperflüssigkeiten wurden in einem speziellen Behälter gesammelt. Wenn nur noch das Skelett übrig war, wurde es in das Ossarium geschafft. Das ist ja schon makaber aber der Hammer kommt noch: Die Nonnen begaben sich täglich an diesen Ort um zu beten und über die Vergänglichkeit des Lebens zu meditieren, egal ob da eine Leiche saß oder nicht.
Ich wollte ja nicht mehr über Müll schreiben. Aber gestern Abend fand vor meinem Fenster ein Feuerwehreinsatz statt. Hier wurde der Müll gelöscht, der nach dem Trödelmarkt aufgehäuft wurde.
4 Kommentare:
Iiii, das ist ja wirklich makaber. Über die Vergänglichkeit des Lebens denke ich in letzter Zeit öfter nach, aber in wesentlich romantischerer Umgebung ;-)
Was den unterirdischen Regionalzug angeht, da sind die Spanier nicht weniger verrückt. Ich warte immer noch drauf, dass die Sagrada Familia irgendwann einstürzt, weil sie die Bahnstrecke auch genau darunter durchführen wollen trotz aller Proteste und Sinnlosigkeit, weil der Zug da gar nicht halten soll. Ach ja, und dass das völlig ohne Bedenken funktionieren würde und mit der Statik und allem hinhaut, dass hat den Spaniern der Architekt versichert, der die U-Bahn unter`s eingestürzte Kölner Stadtarchiv geplant hat, hab ich irgendwo gelesen ;-)
So, nun muss ich aber los. Wollte eigentlich vor der Arbeit Schulpost beantworten, statt dessen bin ich bei deinem neuesten Bericht hängengeblieben. Und schau mal an, nicht mal die liebe Uta war schneller.
Liebste Grüße von Petra
Hallo Thomas,gestern Abend nach 21 Uhr war dein Post noch nicht da und ich dachte, du kraxelst noch am Vesuv herum, Irrtum.Nun hoffentlich sehe ich heute oder morgen endlich Bilder von diesem "Kerl".Ich bin schon ganz gespannt und Carl auch.
Warum ich nicht die ERSTE war,liegt daran, dass ich zwei Tage
"arbeiten" war, was ja toll ist, aber das frühe Aufstehen hat meinen alten Körper dann doch geschwächt , und ich bin schon früh eingeschlafen und musste heute meinen Erholungsschlaf verlängern!Gut für Petra!
Die Geschichte mit den Nonne ist wirklich krass, habe ich noch nie gehört.Etwas gewundert hatte mich schon, dass da Eimer verwendet werden.Bei anderen antiken Gemeinschaftsklos hatte ich das noch nie gesehen.
Ansonsten wieder Neid auf deine tollen Eindrücke, aber wir göönen es dir von ganzem Herzen.
Voller Hoffnung,dass sich dir der Vesuv offenbartvieeleicht bie heute Abend liebe Grüße Uta
...dass es schon erstaunlich ist, wie sich etwas im Laufe der Zeit aus dem "normalen" in den "Igitt"-Bereich entwickelt. Muss man sich wohl immer mal wieder ins Bewusstsein holen. Unabhängig davon ob es Bestattungsrituale sind (bzw. der Umgang mit dem Thema "Tod") oder Ess- und Speisegewohnheiten oder eben der Bereich der "Nachsorge" für Speisen aller Art!
Imi
Lieber Thomas,letzter Check,nichts Neues vom Vesuv,hoffentlich hat er dich angenommen und das Wetter zugelassen,dass du ihn besteigst.
Nun bin ich auf deinen morgigen Post gespannt.
Gute nacht und liebe Grüße Uta
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