Montag, 12. April 2010

Cinque Terre


Da kann Mutter Natur wirklich stolz sein. Sie sieht auch ein wenig geschafft aus, nachdem sie diese wunderbare Ecke Italiens geschaffen hat. Die Bronzefigur sitzt in Porto Venere, wo ich meine dreitägige Wanderung begonnen habe. Den Namen des Bildhauers habe ich leider vergessen.


Samstag
In La Spezia startete ich kurz nach 9 bei bestem Wetter und fuhr mit einem recht kleinen Boot nach Porto Venere. Der Ort liegt an der Spitze der Landzunge, an deren Ende die Insel Palmaria und die kleinen Inselchen Tino und Tinetto liegen. Hier beginnt der Wanderweg Nummer 1 bis nach Levanto, wo ich heute angekommen bin. Für die gesamte Strecke sind 12 Stunden angegeben. Ich gehe es gemütlicher an und laufe am ersten Tag nur 5 Stunden.


Porto Venere sieht schon wie einer der fünf Orte aus, die der Cinque Terre den Namen gaben. Über der Stadt erhebt sich ein Castello Andrea Doria und die San Lorenzo Kirche.


Es sieht aus wie eine Hochzeit auf der Chinesischen Mauer, aber diese Hochzeitsgesellschaft war schon auf dem Schiff und lässt sich jetzt auf dem Platz vor der zweiten Kirche, San Pietro, fotografieren.


San Pietro erhebt sich genau an der schmalsten Stelle des Meeres zwischen dem Festland und der Insel Palmaria. Von hier kann man zum Meer hinabsteigen und die Lord Byron Grotte besichtigen. Die ist, zumindest aus der Ferne betrachtet, den Abstieg nicht wert. Sie ist voll mit angeschwemmtem Treibgut und mir ist es mit meinem ganzen Gepäck zu rutschig und nass.

Wenn schon ein Kastell da ist... Wie üblich bin ich dabei und steige durch alle Winkel des Komplexes. Es ist ein Paradebeispiel für den Genueser Verteidigungsbau, so steht es zumindest geschrieben. Da ich vom Festungsbau keine Ahnung habe, genieße ich die Aussicht auf den Ort und die Insel.


Neben dem Kastell ging es dann auf steilen Treppen in die Höhe und schnell war ich zumindest am Anfang ziemlich allein. Der Weg führte heute durch den Parco Nazionale Regionale Porto Venere. Streng genommen bin ich also noch nicht im Nationalpark Cinque Terre unterwegs gewesen.

Ich war in einer Höhe zwischen 200 und 300m über dem Meer unterwegs und hatte zumindest beim Aufstieg einen schönen Blick auf die See. Dann biegt der Weg auf die Buchtseite ab und ich wanderte durch Wälder in Richtung La Spezia zurück.


Die drei Tage waren Wanderungen wie aus dem Bilderbuch. Diese Sträucher haben kleine Glockenblüten, duften leicht nach Vanille und noch etwas und sehen aus wie große Erikagewächse. Das Meer rauscht, die Vögel zwitschern, durch meine Schuhe spüre ich die Steine und die Sträucher kratzen - Wandern für alle Sinne.


Die Küste bietet immer wieder malerische Ausblicke. Plötzlich trillerte mich ein Herr von vorne an und fragt, ob alle da sind. Ich wollte mich schon umschauen, war mir aber dann doch ziemlich sicher, dass ich immer noch allein unterwegs bin. Beim Näherkommen klärt sich dann, dass der nette Herr eine Fastenwandergruppe führt und die Gruppe sich wohl etwas verwandert hat. Ich habe das Programm im Gegenzug für meine Wandergeschichte erhalten, als wir auf das Eintreffen der Gruppe warteten. Wen es interessiert, Informationen gibt es bei mir...

Auf dem Weg gab es wenig Einkehrmöglichkeiten nur eine sehr schöne mit Hängematten und Picknickbereich mit leiser Jazzmusik. Aber der Weg wurde zügig absolviert, da ich ja erst gegen Mittag in Porto Venere gestartet war. Gegen 17 Uhr kam ich in Riomaggiore an, dem Tor zum Nationalpark Cinque Terre.

Alle fünf Orte, neben Riomaggiore sind es noch Manarola, Corniglia, Vernazza und Monterosso al Mare liegen in malerischen Buchten und sind dadurch gezwungen, sehr stark in die Höhe zu bauen. Die bunten Häuser, die sich um die Hafenbucht gruppieren sind natürlich ein gern fotografiertes Motiv.
Sonntag
Cinque Terre kann mich mal, dachte ich um 7 Uhr beim Wachwerden. Wach geworden bin ich, weil der Regen gegen die Scheiben prasselte. Um 9 Uhr hatte es aufgehört und um kurz vor 10 war es schon wieder weitestgehend abgetrocknet. Ich kaufte mir meine Eintrittskarte für den Tag für die zwei Tage und wanderte auf dem Weg 2, der Via dell'Amore, mit hunderten anderen Touristen nach Manarola. Der Abschnitt sieht wirklich wie eine Straße aus und kann (und wird)
von jedem begangen werden. Meine Karte wird tatsächlich an jedem Weganfang nach den Orten kontrolliert.
Mein Weg war heute nur vier Stunden lang und so hatte ich Zeit für die kleinen Pflanzen am Wegesrand, die es mir so angetan haben.

Auch hier gibt es den Brauch, dass sich Verliebte auf einem Vorhängeschloss verewigen und das dann hier anhängen. Solange das Schloss hält, hält auch die Liebe. Ich habe da ja etwas mehr Vertrauen zu den Schlössern. Wäre doch mal ein interessantes Forschungsprojekt, oder?
Manarola ist in eine noch kleinere Bucht gezwängt, die Fischerboote liegen auf der Hauptstraße. In all diesen Orten ist der Individualverkehr auf Parkplätze vor den Orten verbannt. Kunststück, wo soll hier noch ein Auto hin? Mit der Parkkarte, die man zum Wandern braucht, kann man aber auch die grünen Busse nutzen, die die Orte miteinander verbinden.

Das Fiese bei der Wanderung ist, dass die Orte alle am Wasser liegen, dazu musste ich jedesmal aus der Höhe des Wanderweges hinuntersteigen. Auf der anderen Seite geht es dann natürlich wieder bergauf.
Einzige Ausnahme von der Regel ist der Ort Corniglia.

Um hierhin zu gelangen, muss man die Treppe im Hintergrund nach oben steigen, 382 Stufen. Jeder dieser Orte hat auch einen Bahnhof, der meist die einzige Stelle ist, wo die Fahrgäste mal die Sonne sehen können. Ansonsten ist die Strecke komplett in den Berg gebaut.


12 Uhr - Der Pfarrer hat Mittagspause und schließt das Gotteshaus ab.
Auch Corniglia gehört natürlich, wie der gesamte Bereich, zum Weltkulturerbe. Ich nehme mir die Zeit für eine Eispause.

Der Ort sieht ansonsten wie die anderen Gemeinden aus: pittoreske Häuser, enge und verwinkelte Gassen und sehr schöne Geschäfte für die diversen Spezialitäten. Monterosso ist übrigens berühmt für seine Anchovis. Ich habe jeden Tag ein Gericht mit Anchovis gegessen, heute schon zum Frühstück ein leckeres Brot mit Tomate und Acciughe, wie sie auf italienisch heißen.

Da die Berghänge wo es nur geht auch landwirtschaftlich genutzt werden, kam ich wieder häufig an Wein und Oliven vorbei. Hier sollen auch Kapern wachsen, wenn ich mich richtig erinnere, aber ich weiß nicht, wie die aussehen.
Das sind sie jedenfalls nicht.

An den Steilhängen sind die Terrassen teilweise so schmal, dass nur eine Pflanzenreihe darauf wachsen kann.

Blick zurück: Corniglia ist noch gut zu erkennen. In der Bucht vor der letzten Landzunge liegt Riomaggiore. Neben dem Angebauten wachsen Agaven, Opuntien und wieder meine Favoriten, die Euphorbien, Wolfsmilchgewächse. Unter einem großen Baum dieser Gattung habe ich das Foto gemacht.
Heute sind erstaunlich viele Amerikaner und Australier (auch jüngere) unterwegs. Ich komme mit drei Unterstufenleherinnen aus Südaustralien ins Gespräch, die hier drei Tage ihrer Ferien verbringen, bevor sie mit den üblichen weiteren Höhepunkten weitermachen: Florenz und Rom.

Drei junge Frauen aus den USA werden von zwei Landsmännern hinter mir angesprochen und dann geht das Aufzählen los: 20 Städte in Europa sind es bestimmt gewesen. Alle drei sind mit Badelatschen unterwegs. Wer hier nicht amerikanisch spricht, ist Franzose. Ich grüße gnadenlos auf Italienisch und freue mich über jeden Akzent.
Am frühen Nachmittag ist dann Vernazza erreicht. Wieder eine malerische Bucht, wieder ein Kastell. Na, eher ein Kastellchen, aber rauf muss ich.
Hier habe ich einen ganzen Nachmittag Muße, mir das bunte Treiben anzusehen. Der Ort besteht aus der Hauptstraße Via Roma, an der auch mein Appartement liegt und einigen kleinen Gassen, die aber schon mehr private Gärten sind. Am Hafen gibt es diesen schönen Platz vor der Kirche, eine kleine Mole und einen Felsen, auf dem das Kastell Doria steht.

Vom Turm auf die Kirche am Hafen und die Hauptstraße geblickt. Mehr als der Turm und eine Terrasse, auf der man in der Sonne sitzen kann, ist die Burg dann aber auch nicht und ich setze mich an den Hafen in die erste Reihe und esse eine Pizza mit Anchovis. Gestern gab es Spaghetti mit frischen, also noch nicht eingelegten Anchovis und hier im Ort konnte man sie auch frittiert genießen- leider zu spät gesehen.
Bei Sonnenuntergang hinter den Bergen wird es plötzlich tumultartig laut auf dem Kirchplatz.

Aus den beiden Fenstern, die mit Blumen geschmückt sind, flogen Bonbons und Schokoladen in hohem Bogen in die Massen. Die kommentierten jeden Wurf mit Begeisterung und Glückwünschen. Da der Jubel besonders groß war. als ein Baby gezeigt wurde, nehme ich an, dass es sich um eine Taufe handelte. Die kleinen (und großen) Kinder gingen jedenfalls mit vollen Tüten nach Hause.
Eigentlich sollte es hier weitergehen. Eigentlich sollte es der längste Post werden, den ich bisher geschrieben habe. Aber dazu müsste ich das verflixte Kabel haben, mit dem ich die Fotos aus der Kamera in den Computer bekomme. Das aber liegt (hoffentlich) noch in der Wohnung in Vernazza.
Ich werde also meine Pläne für morgen ändern müssen und noch einmal nach Vernazza zurückfahren. Mal sehen, wo ich dann morgen Abend landen werde. Die Entscheidung treffe ich nach dem Abendessen. Vielleicht gibt es hier irgendwo leckere Anchovis, am besten mit Kapern...
Auf jeden Fall war das heute der letzte Post der Wanderung. Mir war heute schon den ganzen Tag wehe ums Herze. Ich habe viel mehr Pausen als sonst gemacht und immer wieder aufs Meer und die herrliche Landschaft geschaut. Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Diese drei Wandertage sind nicht mehr zu toppen und jedes Stück Straße und jedes Auto würde mich jetzt doppelt und dreifach stören. Mensch und Material sind dann nach den sieben Monaten doch schon etwas mürbe, es wird Zeit, heimzukehren.
Als Bonus oder Zugabe gibt es aber noch den einen oder anderen Post von der Strecke. Ich werde mit dem Zug noch einige Städte anfahren, die hier in Norditalien interessant für mich sind und Euch davon berichten.
Bis morgen, hoffentlich! Thomas

4 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Na dann ist ja alles klar auf der Andrea Doria ;-) Es ist wirklich schon vorbei??? Auf jeden Fall ist es wirklich einer der schönsten Posts und ich habe mir jetzt meine Meeresrauschen-CD rausgesucht, mit der ich heute einschlafen und mich mit deinen Bildern vor Augen nach Italien träumen werde.
Das mit den Schlössern finde ich ja einen Knaller. Ich denke mal auch, dass die länger als die Beziehungen halten ;-)
Diese lila Pflanze könnte glatt von einem Planeten sein, den Captain Kirk mit seiner Enterprise mal angeflogen hat. Mensch Thomas, ich will einen Abzug vom gesamten Fotoalbum!!!
Ich fühle deine Wehmut mit dir und freue mich gleichzeitig wie verrückt darauf, dich demnächst endlich mal live wiederzusehen und knuddeln zu können
und ich grüße dich gnadenlos auf Spanisch: Hasta la vista y disfruta el resto del camino!
Petra

Uta hat gesagt…

Hallo Thomas,genau wie deine dicke Madame sitze ich nun auf meiner Gartenbank und "drehe wehmutsvoll Däumchen",wenn deine wundervolle Wanderung nun doch bald dem Ende zugeht.Aber ,es wird eigentlich auch Zeit, dass dieses "Lotterleben" aufhört und du deinen "Beamtenpflichten"wieder nachkommst!!!
Heute hast du uns ja noch einmal mit einer Fülle von traumhaft schönen Bildern verwöhnt,so dass der Abschied von unseren fast täglichen"Begegnungen" noch schwerer wird.
Aber unser aller größter Trost bist du ja dann , wieder leibhaftig in unserer Mitte.
Du wirst dich vor Herzen und Küssen nicht retten können,das haste nun davon!
Bis zu den restlichen Tagen liebe Grüße Uta

cdiet004 hat gesagt…

Oh je, das klingt ja alles so nach Abschied. Was soll ich denn dann jeden Abend vor dem Einschlafen machen? Aber noch ist ja alles beim Alten und dir fällt es ja auch schon schwer alles zum letzten Mal zu sehen, also jammere ich nicht und bewundere weiter die Fotos und genieße die Berichte.In diesem Sinne, weitere schöne Erlebnisse für dich und uns, liebe Grüße, Claudia

Unknown hat gesagt…

die rede ist nicht zufällig von "der unsichtbare dritte" oder?
vielleicht komm ich damit jetzt auch schon zu spät aber ich hab heut erst deinen eintrag gelesen...
gruß, vaclav