Montag, 19. April 2010

Torino - Rundgang


Torino hat mich schon in der Tasche gehabt, als ich am Bahnhof aus der Tourismusinformation kam. Einen Stadtführer mit sechs thematischen Rundgängen auf Deutsch, eine Zwei-Tages-Karte für alle Museen und die Verkehrsbetriebe und eine Liste mit allen Öffnungszeiten der Museen, aktuell für diese Woche - das hat keine Stadt bisher geboten. Die Karte gilt im ganzen Piemont und dazu gab es noch jede Menge Material.
Ich habe in den beiden Tagen so viel gesehen, dass es mir schwer fiel, eine Auswahl zu treffen. Ich gehe mit Euch eine Runde durch die Stadt und kombiniere dabei drei der Wanderungen, die in dem Heft beschrieben wurden. Die meisten Informationen sind auch aus dieser Quelle.

Heute früh ging ich bereits kurz vor 7 durch die königlichen Gärten zum Sammelpunkt für den Besuch des Grabtuches und konnte schon etwas früher mit hinein. Das Ganze ist perfekt geplant und aufgebaut, Hunderte freiwilliger Helfer sind bereits um diese Zeit vor Ort, kontrollieren, verteilen Informationsmaterial und sind so freundlich, dass man das Gefühl hat, sie freuen sich für einen selbst, dass man jetzt hier ist und das Grabtuch sehen darf. Es ergibt sich dadurch ganz von allein eine feierliche und erwartungsvolle Stille, lange bevor man den Dom und die Grabtuchskapelle betritt. Natürlich ist das Fotografieren verboten und natürlich hält sich niemand daran. Wenigstens auf das Blitzen verzichten die meisten Besucher.

Bevor man zu der Kapelle geht, sieht man einen kurzen Film, in dem erklärt wird, was man wo sehen kann. Dadurch fällt die Orientierung leichter und man erkennt deutlich die Details. Das Tuch ist zweimal so lang wie ein Mann und wurde längs um den Körper gelegt. Der Kopf lag in der Mitte. Auf der rechten Seite (der Rückseite) sind die Spuren der Dornenkrone am Hinterkopf, die Spuren der Geißelung am Rücken zu sehen. Links von der Mitte hat sich das Antlitz abgebildet, ebenfalls mit Blutspuren der Dornenkrone. Ich konnte auch deutlich die Stelle der seitlichen Wunde und der Wundmale erkennen. Trotz der Menschenmenge war es ein ruhiger und feierlicher Moment.


Gegenüber vom Dom sind auch die ältesten Siedlungsspuren zu finden. Hier an der Porta Palatina ist auch der archäologische Park. Das römische Theater ist halb unter den Wegen verschwunden, die man jetzt zur Besichtigung des Tuches angelegt hat. Das Tor wurde als Stadttor der römischen Augusta Taurinorum, die im Jahre 28 v. Chr. gegründet wurde, errichtet.

Hier finden sich auch die kleinen Viertel mit den engen, mittelalterlichen Gassen. Davon hat Torino nicht mehr allzu viel.

Viele Cafès, Bars und Restaurants laden ein, kleine Geschäfte aber auch noch viele Handwerksbetriebe sind hier zu finden. Viele der Straßen sind verkehrsberuhigt oder gänzlich Fußgängerzonen. Überhaupt ist der Individualverkehr recht gering in der Stadt, dafür gibt es mit Bussen und Straßenbahnen auf gesonderten Spuren ein sehr gutes Verkehrsnetz.

Die Kapelle des Grabtuches gehört eigentlich zum Komplex des königlichen Schlosses. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1865 war er Residenz der Savoyer.

Auf der rechten Seite ist als freistehender Bau der Palazzo Madama zu bewundern. Eigentlich ist er eine Kuriosität: Der ganze prachtvolle Barock, den Ihr hier sehen könnt,

ist eigentlich nur ein üppiges Treppenhaus, das vor ein mittelalterliche Burg gesetzt wurde.
Vor den historisch bedeutenden Bauten sind solche Tafeln aus Edelstahl angebracht, auf denen dreisprachig (italienisch, englisch und französisch) die Geschichte erläutert wird. Ihr könnt Euch ja das Bild vergrößern und selbst lesen.

Die Rückseite des Gebäudes sieht jedenfalls so aus.

Auf der linken Seite ist der Platz geschlossen bebaut und Teil dieser Bebauung ist die Kirche San Lorenzo. Sie stellt (laut Stadtführer) eines der schönsten Meisterwerke des Barock dar. Leider war sie für mich nicht zu besichtigen. Überhaupt haben die Kirchen hier in diesen Tagen so eine Art Dauergottesdienst eingerichtet für die vielen Pilger. Ich habe aber nicht vor, eine Kirche während der Messe zu besichtigen.

Die Stadt besteht im Zentrum zum großen Teil aus herrschaftlichen Palazzi, die häufig über ganze Straßenzüge hinweg mit Arkadengängen versehen sind.

Zum Teil sind diese auch noch aufwändig gestaltet, wie hier. Diese Bögen ermöglichen auch bei Regen einen entspannten Einkaufsbummel,

da selbst die einmündenden Nebenstraßen überdacht sind. Man muss nur beim Flanieren darauf achten, wenn man plötzlich vor einer Ampel steht.

Einer der harmonischsten Plätze ist die Piazza Savoia. Der Obelisk in der Mitte erinnert an das Gesetz von 1850, mit dem das kirchliche Gericht abgeschafft wurde. Im Hintergrund konnte ich heute die Alpen sehen, auf dem Foto sind sie eher zu erahnen.

Blick in den Innenhof eines der Palazzi

Das Rathaus von Torino liegt an der Via Garibaldi, einer Fußgängerzone, die zu den längsten Europas zählt und zum Shopping sehr beliebt ist. Ich habe mir ein Eis gegönnt, das zu den besten der Wanderung gehörte.


Neben den Geschäften und Boutiquen gibt es in Torino eine Vielzahl an Bars und Cafés, darunter alte und berühmte Caffèhäuser, von denen ich nicht eines aufgesucht habe. Mir reichte ein Cappuccino an der Theke.

Im Hintergrund ist die Spitze der Mole zu erkennen, die hier einen riesigen Platz überragt. Die Piazza Vittorio Veneto ist an drei Stellen von Gebäuden eingefasst und öffnet sich an der vierten Seite zum Fluss. Ich bin die Murazzi del Po entlang gegangen, eine Uferbefestigung, die um 1880 aus den Steinen der Stadtmauer entstand. Hier finden sich viele kleine Kneipen, die natürlich um diese Zeit noch geschlossen haben.

Auf der anderen Po-Seite ragt der Monet dei Cappuccini mit der Kirche Santa Maria del Monte des Kapuzinerordens auf, einer der beliebtesten Aussichtspunkte der Stadt. Am anderen Ufer sind die Klubhäuser der Rudervereine und auf dieser Seite liegen Valentino und Valentina vor Anker, zwei kleine Ausflugsschiffe.

Durch den Parco del Valentino spazierte ich zum Botanischen Garten, der allerdings nicht zu besichtigen ist. Direkt daneben ist das sehr französisch anmutende Schloss del Valentino. Hier ist jetzt die Architektur-Fakultät des Polytechnikums untergebracht, das 150. Geburtstag feiert.

Der Park erstreckt sich entlang des Pos auf einer beiendruckend großen Fläche. Er ist der älteste Park der Stadt und wurde seit den 1850er Jahren angelegt. Überall sind Liegewiesen, die bei den heutigen Temperaturen (mehr als 22°C im Schatten) auch genutzt werden, wenn auch nicht gerade hier.

In diesem Park besuche ich das Mittelalterliche Dorf, Borgo Medievale. Die Burg ist heute zu, es ist ja Montag, aber das Dorf kann besichtigt werden. Hier wurden Gebäude des 15. Jahrhunderts aus dem Piemont und dem Aostatal anlässlich der Allgemeinen und Künstlerischen Ausstellung von 1884 nachgebaut.

Insgesamt ist es eine ganz stimmige Atmosphäre. In den Häusern sind Handwerker und Geschäfte, die meisten haben allerdings heute auch ihren Ruhetag. Das ganze Ensemble ist aber sehr überschaubar, vielleicht ein Dutzend Häuser stehen hier.

Und schon im 15. Jahrhundert fing es mit der Wäsche vor dem Fenster an, Traditionen müssen bewahrt werden!

Der Brunnen wird von einem eisernen Granatapfelbaum geschmückt.

Leider ist der in keinem guten Zustand. Eigentlich wäre das ja schon wieder ein Filmrätsel gewesen. Ich musste spontan an "Das singende, klingende Bäumchen" denken. Erst muss mal das andere Rätsel gelöst werden!
Ich habe mich dann aber auch noch einmal auf die Spurensuche nach Olympia 2006 begeben und bin wieder nach Lingotto gefahren. Von dem dortigen Einkaufszentrum geht eine lange Fußgängerbrücke über Parkplätze und Gleisanlagen bis zum Olympischen Dorf.

Die Brücke macht schon was her, von wem sie ist, weiß ich nicht. Das Dorf besteht aus mehr oder weniger gelungenen Neubauten, die als normale Wohnblocks genutzt werden.

Die Kopfbauten der Brücke, wo Restaurants und Informationsbereiche untergebracht waren, stehen leer.

Ein Neubau mitten in der Stadt ist das Teatro Regio, das Regionaltheater. Im Jahre 36 komplett niedergebrannt, wurde es 1973 unter anderen von Aldo Rossi wieder errichtet.

Von dem Brand blieb nur die Fassade zum Hauptplatz verschont. Diese beiden Fotos zeigen die Seiten des Theaters. Ich fand erst die Fassade ziemlich langweilig, allerdings ist die Hauptfassade auch aus Klinkern.

Dann kam ich aber am Palazzo Carignano vorbei, dessen Fassade nicht nur an der Schmuckseite aus Klinkern besteht,

sondern dessen Muster bei der Fassade des Theaters wieder aufgegriffen wurde. In dem runden Mittelteil fand am Sonntag eine Buchtauschbörse statt.

Das wahrscheinlich neueste Bauwerk der Stadt ist mir schon am Sonntag aus dem Bus aufgefallen und ich bin heute ausgestiegen, um einen Blick hinein zu werfen.
Der Komplex ist das Molekular-Biotechnologie-Zentrum der Universität Torino. Weiter als bis hier in den ersten Innenhof bin ich allerdings nicht gekommen.
Das war also Torino. Morgen fahre ich nach Parma. wo ich erst einmal zwei Nächte gebucht habe. Modena und auch Verona liegen ja nicht weit weg, mal sehen.
Noch zwei Sachen, die mir aufgefallen sind:
1. Kaum habe ich mich positiv über die Stadt geäußert, schon wird eine Bushaltestelle nach mir benannt:

Es hätte auch ein Bahnhof sein können, aber es ist die Haltestelle unter Dante, also wer will sich beklagen?
2. Die italienische Modekette United Colors of... gibt es ja bei uns auch und ich habe eines ihrer Schaufenster in der Vorweihnachtszeit in einem Post verwendet. Hier gibt es aber daneben noch

und die verkaufen was? Richtig - Underwäsche!
Ich will mal das Rätsel aus dem Aquarium auflösen: Das erste Foto: genau: die Haut der Seekuh. Das zweite Foto sind vergammelte Bananen, die an drei Stellen im Kolibri-Haus für einen gammlig-sauren Geruch sorgten. Darauf scheinen die kleinen Flattermänner zu fliegen...
Für das Filmrätsel gebe ich Euch noch zwei Tage. Bisher habe ich eine komplett richtige Lösung von Emerson, zum Glück als Email erhalten. Ein Gewinner steht also schon fest. Du darfst Dir einen Film der ersten Person ausleihen!

Als letztes Foto gibt es heute noch ein Suchbild. Hier ist etwas ungewöhnliches zu entdecken, genauer gesagt zwei gleiche, aber ungewöhnliche Dinge.
Ich melde mich in zwei Tagen aus Parma.
Bis dann! Thomas

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Und du hattest mich schon beim ersten Foto in der Tasche und ich musste alles weiterlesen ... dabei wollte ich doch vor der Schule nur schnell nachsehen, ob endlich jemand das Rätsel gelöst hat, wenn es denn nicht Lawrence von Arabien war. ;-)
Die beiden kleinen Schiffe Valentino und Valentina erinnern mich daran, dass ich mich beim Spaziergang im Treptower Park immer darüber freue, wenn ich an den beiden nebeneinander liegenden Hausbooten "Frohsinn" und "Heiterkeit" vorbeikomme.
Na ist das nicht nett, dass sie nach dir eine Bushaltestelle benannt haben?! Du bist aber auch zurzeit Italiens fleißigster Tourist. ;-)
Sei geknuddelt und danke für den schönen Einstieg in den Tag!
LG Petra

Unknown hat gesagt…

Boah ... das eeeerste Foto soll ein Schal mit Hut sein!!! Das hat mir heute erstmal Frau Goldenbaum gesagt! Ich hab das nicht für voll genommen. Das sah doch aus wie ein oller Teller mit was drauf und irgendeine rote Schärpe drum herum drapiert ... nee, und ich hab mich immer gewundert, warum du Lawrence' komischen Turban als Hut mit Schal bezeichnest. Ja also, dann kann ich's ja nicht rausbekommen. *lol*
Krieg ich da wenigstens einen halben Trostpreis? ;-)