Samstag, 3. April 2010

Lucca


Buona Pasqua per tutti! Frohe Ostern Euch allen!


Von Pisa nach Lucca sind es gut 20km. Der Weg führt nach einer kurzen Phase auf der Schnellstraße in die Berge.

Meine wegweisende Elektronik spricht wieder von Straßen. Ich würde sie eher als schmale Wanderwege bezeichnen. Es hat in der Nacht und beim Start in Pisa geregnet. Da macht es gleich noch einmal richtig munter, wenn man sich durch das nasse Gebüsch zwängen darf.


Ganz erstaunlich finde ich, dass ich hier schon in gut 200m Höhe die Baum-Busch-Grenze erreiche. Von hier habe ich noch einmal einen schönen Blick auf Pisa. Auch wenn man es auf dem Foto nicht erkennen kann; das Baptisterium zeigt seine wahre Größe erst aus der Ferne und ist von allen Bauwerken Pisas am deutlichsten zu erkennen.

Nicht wirklich eine Straße, oder? Aber im Vergleich zu der Hauptstraße, die die einzige Verbindung zwischen den beiden rivalisierenden Städten (seit gut 1000 Jahren) ist, kann ich hier beschaulich wandern.
Nun also Lucca. Bei meinem ersten Besuch in dieser Stadt hatten wir nur einen kleinen Rundgang absolviert. So jedenfalls in meiner Erinnerung. Ich kann mich nur an den Dom und den Platz des Amphitheaters erinnern. Diesmal habe ich zwei volle Tage und kann daher etwas trödeln.

Lucca hat eine wechselvolle Geschichte. Kunststück, wenn man fast 2000 Jahre alt ist. Eine Zeit lang war sie eine der mächtigsten Städte Europas. Die Handwerker aus Lucca waren berühmt für ihre feinen Seidenstoffe und auch die Silberschmiede verstanden ihr Handwerk.

Es ist schon faszinierend, wenn man an einer Druckerei vorbeikommt, bei der unter dem Firmennamen "seit 1404" steht und im Schaufenster die Visitenkarten und Briefköpfe einiger doch recht bekannter Personen ausgestellt werden.

Mitten in der Stadt steht der Palazzo Guinigi, überragt von einem Turm, der bewaldet ist.

Der Turm ist völlig entkernt, nur eine Stahltreppe verläuft an den Wänden nach oben.

Von hier gibt es einen schönen Blick über die Stadt bis zu den Bergen, die in einer gewissen Entfernung die Stadt komplett umschließen. Wobei der Begriff "Berge" dabei wohl etwas hoch gegriffen ist.

Oben auf dem Turm wachsen in gemauerten Wannen einige Bäume, die immerhin groß genug sind um Schatten zu spenden. Die Familie Guinigi war eine sehr angesehene Familie und Paolo Guinigi war von 1400 bis 1430 der Signore der Stadt. In der Kathedrale, die innen leider fast komplett eingerüstet ist, kann man in der Sakristei den Sarkophag seiner jungen Frau bewundern, die nur zwei Jahre nach der Hochzeit im Wochenbett starb.

Der Blick nach Süden auf die Kathedrale und die Kirche SS. Giovanni e Reparata (mit der eckigen Kuppel rechts).

Blick nach Nordwesten auf den Platz des Amphitheaters.

Dieser Platz ist schon etwas Besonderes. In Catania habe ich ja schon die Theater besichtigt, die teilweise überbaut waren. Hier hat man konsequenterweise das alte Amphitheater komplett überbaut und den Innenraum als Platz frei gelassen. So ähnlich geschah es ja auch bei der Piazza Navona in Rom, nur dass dort ein Stadion überbaut wurde.

Die beiden hatten ihre Skizzenbücher dabei und haben eifrig gezeichnet.

Rundherum reihen sich natürlich Bars, Restaurants, Galerien und Spezialitätenläden aneinander.

Ein weiterer Bau, der sich auf römische Bauten bezieht, ist San Michele al Foro. Die Kirche des Heiligen Michael wurde auf dem ehemaligen Forum errichtet und sollte eigentlich höher werden. Die Fassade vorn zeigt, welche Höhe man erreichen wollte.

Dieser Bau beherbergt das Fumetto-Museum. Fumare heißt rauchen, also wird messerscharf geschlussfolgert, dass es sich um ein Rauchermuseum handelt. Was soll das denn sein? Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass sich hier das Nationale Comic-Museum befindet, in dem ich die nächsten zwei Stunden verschwinde.

Eine Sonderausstellung beschäftigt sich mit dem Zeichner Frezzato, der von 2006 bis 2009 die Geschichte von Pinocchio neu illustrierte. Wobei "illustrieren" den Kern nicht trifft: er hat in ganz unterschiedlichen Gestaltungstechniken, von federleichten Aquarellen bis zu Collagen und Ölbildern, sich mit dem Werk auseinandergesetzt und dabei sehr poetische Bilder geschaffen. Das hier kommt ein wenig zu niedlich daher in seiner Wirkung.

Neben einer Halle, in der die Geschichte des Comics exemplarisch dargestellt wird, hat man sich zur Zeit mit Sience und Sience Fiction beschäftigt und schließt da den Bogen von Galilei über Frankenstein bis zu Moebius.

Lucca hat eine komplett erhaltene Stadtmauer, die zu einem breiten Wall aufgeschüttet wurde und mit Bäumen bepflanzt als Spazier- und Radweg dient. Ich habe auf diese Weise die Stadt einmal umrundet. Die Verbindung mit dem Umland erfolgt über 4 Stadttore, von denen das letzte erst von Napoleons Schwester errichtet wurde (natürlich nicht in eigener Arbeit).

Nachdem ich auf einen Turm gestiegen bin, fehlt eigentlich nur noch eine Ausgrabungsstätte, um mich glücklich zu machen. Hier in SS. Giovanni e Reparata haben Archäologen wieder unter den Fußboden geschaut.

Absolut beeindruckt bin ich aber erst einmal von der Kuppel. Komplett aus Ziegelsteinen gemauert, wird dabei aus einer quadratischen Grundfläche eine runde Öffnung in 38m Höhe.


Unter der Kirche sind so viele Schichten zum Vorschein gekommen, dass ich mir nicht alle merken konnte. Nachweisbar war ein römisches Haus, eine römische Therme (die Säulen standen an ihrem Eingang), mehrere frühchristliche Kirchen und ein Grab aus der Zeit der Langobarden.

Die Kathedrale ist nach Pisa die zweite Kirche, die diesen Fassadenstil aufnahm. San Michele kam erst später und hat diese vorgesetzten Bögen auch auf den Seiten des Längsschiffes fortgesetzt. In der Kirche, die dem Heiligen Martin geweiht ist, befindet sich das Volto Santo, ein Kruzifix mit einem bekleideten Christus. Für dieses Kruzifix sind im Laufe der Zeit goldene Schmuckstücke angefertigt worden, die im Dommuseum ausgestellt werden. Ihr könnt ja mal den Begriff bei der Bildersuche eingeben und Euch das genauer anschauen. Ich weiß nicht, wie es sich da mit den Bildrechten verhält, also lasse ich lieber die Finger davon. Der Audioguide erzählt auch die Geschichte von einem Pisaner Schmuckstück; eine Goldarbeit, die die klammen Pisaner als Pfand nach Lucca gaben. Als Pisa das Geld zurück zahlen wollte, behauptete Lucca, dass sie zu spät dran seien. Die feinen Herren hatten die einzige Uhr der Stadt um zwei Stunden vor gestellt und so blieb das Stück in Lucca. So macht man sich aber auch keine Freunde.

Der große Hauptplatz heißt Piazza Napoleone. Als die Franzosen hier 1799 einmarschierten, gaben sie den Befehl, dass der Adel alle seine Silberwaren abzugeben habe, für die Lucca berühmt war. Da die Adligen Angst vor den Revoltionären hatten und auch davor, dass ihre Dienerschaft sie verpfeifen würde, wurde alles Silber abgegeben, bis zum letzten Kaffeelöffel. Es gibt in Lucca nur noch den Silberschatz des Domes, der aus früherer Zeit datiert.
Ich habe morgen (heute: es ist 0.30 Uhr) frei und werde mir das Geburtshaus von Puccini ansehen. Sollten noch tolle Bilder dabei herauskommen, ergänze ich den Post morgen.
Zwei Dinge noch:
1. Für alle, die keine Kommentare lesen und durch die Pantomimen im letzten Post verunsichert waren: Es handelt sich um Touristen, die sich so ablichten lassen, als würden sie den Schiefen Turm von Pisa stützen oder in Schieflage bringen, je nach Charakter.
2. Es wäre natürlich ein krönendes Moment meiner Wanderung gewesen, einen echten Buonarotti kennenzulernen und in den Archiven des großen Michelangelo zu stöbern. Das, meine Lieben, war aber nur dem Datum geschuldet. April! April!
Montag gehe ich wieder ans Meer.
Noch einmal Fröhliche Ostern für Euch und genießt die freien Tage!
Thomas

2 Kommentare:

Uta hat gesagt…

Lieber Thomas,auch dir ein fröhliches Osterfest und ich hoffe,du wirst von den Osterprozessionen nicht erdrückt,oder gibt es in Lucca keine?
Besonders Wetter scheint es ja seit Tagen in der Toscana auch nicht zu geben,die Leute auf deinen-wie immer tollen- Bildern sind relativ warm angezogen.
Auch, wenn deine Vorliebe den alten Ausgrabungen gilt, finde ich es sehr schön, dass du uns immer das Flair der Städte und ihrer Umgebung spüren lässt.
Ich "bedauere" sch on länger den Tag,wenn du deine Wanderung beenden musst,dann komme ich jeden zweiten Tag zu dir und lass mir alles noch einmal genau erzählen und ALLE Bilder zeigen.Das ist eine "Osterüberraschung"!!!
Bleibst du nun bei dieser "Drohung "auf der Piste?
Übrigens habe ich deine Geschichte mit dem Nachfahren des Großneffen von Buonarotti gar nicht so richtig für voll genommen, nur gedacht,was will der "Kerl" schon wieder in Florenz und kann man nach einigen Jahrhunderten noch direkter Nachfahre sein? An den
1. April hatte ich nicht gedacht.
So, mein Lieber, für heute ist es genug des dummen Gequatsche, ich will nun mal sehen,ob ich ein paar Ostereier finde,du hab einen wunderschönen Tag und erkälte
dich nicht im Meer beim Anbaden!
Liebe Grüße Uta

Uta hat gesagt…

Lieber Thomas,sicher muss ich mir keine Sorgen machen, dass du dich DREI Tage nicht mit einem Blog gemeldet hast. Wahrscheinlich schläfst du in einem Weinkeller deinen "Osterwasserrausch "aus,
spazierst genussvoll durch die Landschaft,schmollst mit deiner "Gemeinde",die dich mal wieder sträflich im Stich gelassen hat oder hast einfach kein Netz.
Ich hoffe nur nicht ,dass dich meine "Osterüberraschung" so geschockt hat,dass deine
100 Sendung!
ausfällt.
Nur das Positivste annehmend erwarte ich ungeduldig deinen nächsten Blog.
Liebe Grüße die nervende Uta